Dieser DJ bleibt auf der (Renn-)Strecke

Rock my Run ist eine App, die verspricht, einem beim Joggen mit der zum Schritttempo passenden Musik zu beliefern. Das hält sie nur bedingt ein – und auch sonst gibt es leider ein paar unverzeihliche Mängel.

Im Beitrag Mein Laufcoach ist ein Zombie habe ich eine Besprechung von Rock My Run (oder «RockMyRun», wie der Hersteller schreibt, weil wahrscheinlich seine Leerschlagstaste kaputt ist) in Aussicht gestellt. Und heute, ladies and gentleman1, ist es so weit.

Links: Musik, nach «Stationen» sortiert. Rechts: Es ist nicht kostenlos, ein Rockstar zu sein. Dafür hat man mehr Features.

Also, Rock my Run ist eine für für Android und fürs iPhone erhältliche App, die von sich selbst behauptet, «the best running music in the world» zu liefern. Entsprechend hart soll der Massstab sein, der in diesem Test hier angewandt wird.

Und entsprechend hart wird das Urteil hier ausfallen. Denn bei der «besten Musik-App für Läufer» fallen zwei Dinge negativ auf. Erstens die schlechte Soundqualität. Im Vergleich zu Musik aus der iPhone-Mediathek und zum Streaming von Spotify klingt Rock My Run wie ein Mittelwellensender. Ich habe nicht herausgefunden, mit welcher Bitrate die App streamt, aber es dürfte deutlich weniger als das Äquivalent einer 128-kbps-MP3-Datei sein.

Ein druckvoller Sound hilft beim sportlichen Exploit

Und das ist selbst beim Rennen zu wenig. Oder besser gesagt: Gerade beim Rennen ist es zu wenig. Beim Sport hilft es, wenn einem der druckvolle Sound quasi vorwärtsprügelt.

Die Qualität wurde übrigens schon früher kritisiert, hier in einem Tweet von 2013 (!):

Natürlich, bei einer Streaming-App, die unterwegs genutzt wird, soll das Datenvolumen nicht über Gebühr belastet werden. Da wäre eine Einstellung sinnvoll, wo jeder die Qualitätsstufe wählen kann, die sein Datenplan zulässt. Man könnte einige Songs per WLAN herunterladen und bereithalten (für Abonnenten gibt es den Save Data Mode – mehr dazu unten). Oder man könnte passende Musik aus der lokalen Mediathek auswählen.

Genres, Aktivitäten und der Anspruch an sich selbst bestimmen den Musikmix.

Die letzte Option wäre ganz in meinem Sinn: Ich würde beim Rennen gern meine eigene Musik hören – und wie erwähnt fände ich es sinnvoll, wenn die Musik-App des iPhones dafür eine eingebaute Möglichkeit bieten würde.

Apple, das wäre doch keine Hexerei!

Das wäre ganz einfach: Apple müsste einfach die intelligenten Playlists, die eine der tollsten Funktionen von iTunes sind, aufs iPhone übertragen und eine Filterungsfunktion fürs Tempo (BPM) einbauen. Warum es diese Funktion nicht gibt, wundert mich sowieso: Sie ist naheliegend, würde Apples Ambitionen im Musik- und Fitnessbereich perfekt verbinden und wäre vermutlich auch einigermassen zügig implementiert. Es gibt einige Apps, die das können. Siehe Beitrag Die Schnellen ins Töpfchen und die Langsamen ins Kröpfchen.

Nun hat Rock My Run ein anderes Konzept: Hier gibt es vorgefertigte Playlists aus bestimmten Genres. Die App spricht von «Stations», was bezug auf die US-amerikanische Radiolandschaft nimmt, wo es Rock-Sender, Country-Sender und andere Musikspartenkanäle gibt. Das ist mir zu analog bzw. zu traditionell gedacht. Eine App kann viel spezifischer auf die Nutzerwünsche eingehen, als Rock My Run das tut.

Die App hat ein vierstufiges Verfahren, um Musik auszuwählen. Erstens gibt man das Genre an, wobei man 23 Optionen hat: Dinge wie Hip-Hop, Pop, Rock, Country, Christian, Alternative, 70er, 80er und Oldies. Zweitens verrät man der App seine Lieblings-Aktivitäten (Velofahren, Rennen und ähnliches). Drittens gibt man an, wie schnell man laufen will (Cruzin’ mit 110-140 BPM Herzfrequenz, Rockin’ mit 140 bis 176 BPM und Flying’ mit 176 bis 220 BPM).

Die perfekte Musik zum Abnehmen?

Beim initialen Einrichten fragt die App auch, was das persönliche Ziel sei: Abnehmen, Fitness oder körperliches Wohlbefinden; und verspricht, die Musikauswahl danach auszurichten. Da frage ich mich natürlich, welche Musik eher zum Abnehmen und welche eher zur Fitness passt. Aber gut, das ist vielleicht auch Hokuspokus.

Die Musikauswahl nach Genres ist untauglich, gerade für Leute wie mich: Ich finde nicht alle Titel eines Genres gut. Umgekehrt gibt es in fast allen Genres Songs, die ich gerne hören würde. Darum muss mein Musikgeschmack auf andere Weise erfasst werden – so, wie es Spotify mit seinen elaborierten Algorithmen tut und dabei manchmal erstaunliche Treffer landet. Klar, dass das nicht alle Apps leisten können – darum wäre es eben sinnvoll, vorhandene Wiedergabelisten auf ihre Tauglichkeit als Sport-Soundtrack zu untersuchen.

Eine der spannendsten Funktionen scheint mir Body Driven Music Tempo Adjustment zu sein: Diese Funktion synchronisiert Musik mit dem Herzschlag oder dem Schritttakt, sodass die Laufkadenz abgebildet wird. Das hilft natürlich sehr, ein Tempo zu halten. Allerdings ist sie nur mit der «Be a rockstar»-Mitgliedschaft erhältlich, für die man 36 US-Dollar im Jahr oder fünf US-Dollar im Monat hinblättert.

Die beste Funktion steht mir als Freeloader leider nicht offen

Das ist mir aufgrund der grossen Kritikpunkte zu teuer – und schade, dass man die Funktion offenbar nicht ausprobieren kann. Es ist zwar möglich, während der Wiedergabe die Option Heart Rate Paired einzuschalten, aber da kam bei mir die Meldung: «Something went wrong: You have a pulse don’t worry. Make sure your heart rate monitor is turned on and reading your heart rate.»

Das könnte damit zusammenhängen, dass mein Puls über eine Armbanduhr gemessen wird (Uhr, lass mich in Ruhe!). Das ist vielleicht kein Pulsmesser im eigentlichen Sinn, der auch Apps wie Rock My Run Live-Daten zur Verfügung stellt. Auf jeden Fall kann ich nicht behaupten, dass dieses Feature Lust auf «Be a rockstar» macht.

Die Mitgliedschaft bringt noch einige weitere Vorteile, nämlich den bereits kurz erwähnten Save Data Mode, der offenbar den Download von Titeln via WLAN erlaubt. Man kann das Tempo manuell anpassen und man wird die Werbeunterbrechungen los. Die sind übrigens sehr lieblos gemacht. Ich nehme an, es ist Absicht, dass man sie nicht gerne hört. Aber ich hätte sie trotzdem etwas charmanter gestaltet.

Eine Modernisierung ist überfällig

Fazit: Laut Wikipedia wurde die App 2011 gestartet. Und das merkt man ihr an. Sie ist etwas in die Jahre gekommen. Sie hätte eine Modernisierung nötig, damit sie wenigstens ein bisschen des Spotify-Komforts bieten könnte. Ich werde es als Nächstes mit einer BPM-App probieren, zum Beispiel PaceDJ (zwei Franken) oder Cadence (vier Franken).

Fussnoten

1) Nicht nur die Republik beherrscht diese Höflichkeitsform. ^top

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