So wird Spotify zum Radio der Zukunft

Wäre es nicht toll, wenn man beim schwe­dischen Musik­streaming­dienst eigene Mode­ratio­nen zwischen den Songs einer Wieder­gabe­liste unter­brin­gen könnte? Eigene Radio­shows, ohne Probleme mit der Suisa – und eine neue Chance auf echte Radio­per­sönlich­keiten!

Die Spotify-Sendung Fest und flauschig war schon des öfteren Thema, nämlich hier, hier und hier. Sie hat eine Besonderheit, die ich seit jeher seltsam finde: Jan Böhmermann und Olli Schulz spielen nämlich Musik, ohne Musik zu spielen. Das heisst: Sie reden darüber, dass sie nun eine Pause machen, für die sie Musiktitel vorschlagen.

Der Podcast geht aber unmittelbar weiter – wenn man die erwähnten Titel tatsächlich würde hören wollen, müsste man die Wiedergabe stoppen und zur sogenannten Fidi & Bumsi-Playlist wechseln. Dort müsste man die erwähnten Titel suchen – was selbst bei neuen «Fest und Flauschig»-Folgen mühsam sein kann, weil es mehrere Musikunterbrechungen gibt –, laufen lassen und nach der Musik wieder zum Podcast wechseln, um weiterzuhören.

Und jetzt bitte schnell zu einer Playlist wechseln, dort ein Stück Musik hören und zum Podcast zurückkehren!

Ich frage mich, ob es tatsächlich Leute gibt, die das tun. Ich war noch nicht einmal in Versuchung, es auszuprobieren. Es ist mir viel zu umständlich, und ausserdem halte ich die Musikunterbrechungen für einen alten Zopf des Radios, den man im Podcast-Zeitalter auch gerne abschneiden kann. Auch wenn, zugegeben, Olli Schulz seine Titel oft mit so viel Feuer anpreist, dass ich Lust bekomme, sie auch zu hören.

Mit Spotifys Hilfe zum Internet-DJ werden? Wäre kein Problem! (Bild: Isabella Mendes/Pexels.com, CC0)

Es zeigt jedenfalls eine bemerkenswerte Sache auf: Spotify besitzt als Musikstreamingdienst Lizenzen für die Songs und könnte die Musiker fürs Hören entschädigen. (Um die Diskussion, ob die Entschädigung ausreichend ist, soll es an dieser Stelle nicht gehen.) Doch aus technischen Gründen ist es nicht möglich, die Songs in einen Spotify-Podcast einzubetten. Warum eigentlich nicht? Spotify müsste für jede gehörte «Fest und Flauschig»-Episode die Musiker entschädigen, die Songs beigesteuert haben. Das wäre kein Hexenwerk: x Plays für «Fest und Flauschig»-Folge sowieso, ergibt x Plays für dort vertretenen Musiker A, B und C.

Spotify entschädigt die Musiker sowieso. Wieso dann nicht auch für die Wiedergabe im Podcast?

Klar, Spotify müsste dann gegen die Verbreitung von «Fest und Flauschig» über «alternative Feeds» vorgehen. Und es könnte sein, dass Musiker unverdienterweise Geld bekommen: Nämlich, wenn Leute die «Fest und Flauschig»-Folge nicht zu Ende hören oder die Musikunterbrechungen überspulen. Letzteres würde wahrscheinlich relativ oft vorkommen. Allerdings: Wäre das wirklich ein Problem, angesichts der Höhe der Entschädigung für eine Wiedergabe? (Um die es an dieser Stelle aber wie gesagt nicht gehen soll.)

Und es gäbe eine zweite, noch cleverere Methode: Anstelle die Songs direkt in die «Fest und Flauschig»-Episode einzubauen, könnte man die Sache auf der technischen Metaebene lösen: Statt die Songs in die Sendung zu integrieren, bräuchte es in den Metadaten zur Folge lediglich Verweise, an welcher Stelle des Podcasts welche Songs platziert sind. Die Wiedergabe-App würde an der entsprechenden Stelle den Podcast anhalten, zum angegeben Song wechseln und nach der Wiedergabe den Podcast weiterführen.

Wenn der Podcast-Hörer die Musik nicht hören will, drückt er den Vorwärts-Knopf – und damit muss Spotify den Künstler auch nicht entschädigen. Denn der Streamingdienst bezahlt bekanntlich nur, wenn ein Titel länger als eine bestimmte Mindestspieldauer angehört wurde. (Gemäss diesem Beitrag hier sind es 30 Sekunden).

Per Metainformation Musik im Podcast einbetten

Spotify könnte sogar eine Option anbieten, ob die eingebetteten Musikstücke abgespielt werden sollen oder nicht. So hätte jeder Zuhörer die Wahl, ob er «Fest und flauschig» mit oder ohne Musik geniesst.

Diese Funktion wäre nicht nur für diesen einen Podcast interessant. Man könnte sie auch für moderierte Wiedergabelisten benutzen. Ich beispielsweise habe für den Morgomat von Radio Stadtfilter um die 180 Musikschwerpunkt-Folgen produziert. Da habe ich so viel Arbeit reingesteckt, dass es schade ist, sie nicht hier im Blog anzubieten.

Aber eben: Als reine Spotify-Wiedergabelisten sind sie langweilig, da meine Moderationen fehlen. Diese Moderationen waren so durchdacht wie langfädig und der Kitt, der Titel zusammengehalten hat, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Die Aufnahmen der Radiosendungen kann ich nicht veröffentlichen, weil die Rechteinhaber mir in ihrer kleinlichen Art sonst eine Urheberrechtsverletzung vorwerfen würden – was es irgendwie ja auch wäre. Und die Aufnahmen ohne die Musik sind auch nutzlos.

Eine tolle Möglichkeit, um eigene Musikshows zu veröffentlichen

Das heisst: Wenn Spotify die Möglichkeit anbieten würde, Wiedergabelisten mit Moderationen zu versehen – bzw. mir die Möglichkeit gäbe, in den eigenen Aufnahmen Streaming-Songs zu platzieren, liessen sich diese Musikschwerpunkte für die Internet-Öffentlichkeit zugänglich machen. Abzüglich alljene Songs, die ich in meinen Musikschwerpunkten hatte, die es nicht bei Spotify gibt.

Selbstverständlich würde ich diese Möglichkeit nicht nur für mich alleine nutzen wollen. Jedermann sollte sie haben: Es wäre die moderne Variante des klassischen Radios und eine hervorragende Alternative zum Dudelfunk: Denn auf diese Weise könnten Charakterköpfe wieder ihre schräge Musik auf die Welt loslassen, so wie das früher beim Radio der Fall war, bevor der Rundfunk zu Tode formatiert worden ist.

Mit Pacemaker lässt es sich schon jetzt via Spotify senden.

Es wäre wahrscheinlich sinnvoll, die Möglichkeiten noch etwas differenzierter zu gestalten: Als Moderator will man gerne über die Songs drüberreden können, einen Titel auch nur mal anspielen und von einem Song zum nächsten crossfaden. Diese Möglichkeiten sollte das Meta-Format anbieten – doch auch das wäre keine Hexerei: Es braucht nur einen Startzeitpunkt für den Song und einen Lautstärkeverlauf über die Zeit, sowie die Möglichkeit, mehrere Songs parallel zu streamen – und schon liesse sich in der moderierten Wiedergabeliste ungefähr das abbilden, was ein Moderator im Radiostudio mit den Plattenspielern tut.

Sogar Live-Sendungen eingespielte Shows liessen sich via Metadaten abbilden

Eine intelligente Software könnte diese Metadaten während einer Quasi-Live-Sendesituation automatisch protokollieren und in die Audioaufnahme der Moderation integrieren. Eine DJ-Software für Spotify gibt es bereits, und die habe ich auch für die Musikschwerpunkt-Sendungen oft genutzt. Mit einem kleinen Update für Pacemaker wäre die Musiksendung 2.0 streamingbereit.

Ich finde das eine hervorragende Idee. Doch bisher deuten die Anzeichen darauf hin, dass Spotify nicht auf mich hört. Aber wenn ihr auch ein bisschen Lobbyarbeit für die moderierten Wiedergabelisten betreibt…

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