Candy Crush für Diabetiker

«Two Dots» erinnert in Sachen Spielmechanik an das notorische «Candy Crush Saga», aber einen nicht ständig zum Geldausgeben via In-App-Käufe verleiten will. Dieser Titel ist nicht maximal originell, aber einen Versuch wert.

Bei jedem Level werden die Punkte anders angeordnet.

Die Clickomania-Ära neigt sich dem Ende zu: So stand es neulich in diesem Blog. Das heisst aber nicht, dass es nicht Spiele gibt, die die Tradition fortsetzen. Im Gegenteil: Es gibt einige in den App-Stores, die sich explizit mit diesen Federn schmücken und Clickomania als Stichwort verwenden, mit denen sie gefunden werden wollen. «Touch League» ist eines, und ich habe versprochen, es zu besprechen.

Nun, leider taugt dieses Spiel überhaupt nichts. Es steht bedauerlicherweise auch nicht in der Tradition meines schönen Spiels. Es ist kein Knobel-Puzzle, sondern ein Motorik-Spiel der einfachsten Machart. Man muss möglichst schnell und oft aufs Display tippen. Das ist zweigeteilt, sodass auf jeder Seite einer tippen kann. Und der Schnellere gewinnt. So einfach und so langweilig.

Zu bescheuert, um hier besprochen zu werden

Hier spielt man mit nur zwei Farben, aber vielen Blockaden.

Es ist anzunehmen, dass es mal ein «Wie kann ich meine Maus möglichst schnell kaputtmachen»-Spiel namens Clickomania gab, auf das der Macher Bezug nimmt. Das finde ich so doof, dass ich das Teil hier noch nicht einmal verlinke.

Immerhin, ich habe ein Spiel gefunden, das ich hier empfehlen kann. Und nein, es ist nicht Candy Crush Saga (iPhone/iPad und Android), obwohl das durchaus in die Kategorie passen würde. Ich stelle es nicht vor, weil es eh schon jeder kennt – und weil ich die Free-to-Play-Monetarisierungsmethoden nicht gutheissen kann.

Wobei, was das angeht, ist auch das heutige Spiel kein Waisenknäblein. Und eigentlich handelt es sich um einen «Candy-Crush-Saga»-Ripoff, sodass ich… hmmm… nein, ich werde nicht «Candy Crush Saga» besprechen. «Stick to the plan», wie meine Grossmutter früher immer sagte. Bzw. gesagt hätte, wenn sie englische Aphorismen verwendet hätte.

Gleichfarbige Punkte in Gruppen eliminieren

Es gibt eine Vorgabe, in wie vielen Zügen man die Partie beenden sollte.

Das Spiel, um das es geht, heisst Two Dots (iPhone/iPad und Android). Die Aufgabe ist, gleichfarbige Punkte als Gruppe zu eliminieren. Das tut man in einem Raster von Punkten, wobei nach dem Entfernen von Punkten die oberen nach unten nachrutschen, um die Lücken zu schliessen. So ergeben sich mit jedem Zug neue Konstellationen. Und es macht die vorausschauende Spielweise wichtig: Es ist nicht nur wichtig, möglichst viele Elemente aufs Mal zu entfernen, sondern auch eine günstige Ausgangsposition für den darauffolgenden Zug zu erwirken.

Extrasteine wie der Anker, der nach unten durchrutschen sollte.

Das ist, plus-minus, das Kernkonzept sowohl bei Clickomania als auch bei «Candy Crush Saga». Bei «Two Dots» Antippen reicht aber nicht: Man muss die Punkte verbinden, indem man vertikale oder horizontale Linien zieht. Eine diagonale Verbindung ist nicht möglich, und die Punkte müssen direkt benachbart sein. Das bedeutet, dass es bei einem Zug nicht nur darauf ankommt, eine Erfolg versprechende Gruppe von gleichfarbigen Punkten zu identifizieren. Nein, man muss auch am richtigen Ende anfangen und einen möglichst optimalen Verbindungsweg wählen, damit man die Gruppe möglichst als Ganzes wegbekommt.

Da man jeden Punkt nur einmal mit einer Linie kreuzen kann, gibt es viele Konstellationen, die man nicht komplett abräumen kann. Es gibt nicht immer einen Weg, der alle Punkte einschliessen würde. Das macht die Sache schwierig, weil man bei der Antizipation der nächsten Züge auch die Überbleibsel nicht vollständig eliminierter Gruppen berücksichtigen muss.

Das ist nicht alles. Denn «Two Dots» hält eine mächtige Geheimwaffe bereit. Bei der darf man nicht nur, man muss sogar seine Gruppe «kurzschliessen» und einen Punkt nochmals ansteuern, den man schon verbunden hat. Das ist dann der Fall, wenn man ein Quadrat oder Rechteck bilden kann: Dann verschwindet nicht nur die ganze Gruppe, egal, wie viele Steine noch unverbunden sind – nein, es sind gleich sämtliche Punkte der gleichen Farbe weg, auch die in anderen Gruppen.

Der Staubsauger bringt Punkte zum Verschwinden

Wenn man es schafft, einen Punkt in einer anderen Farbe einzuschliessen (z.B. mit einem Quadrat von einer Kantenlänge von drei Punkten), dann wird der mittlere, eingeschlossene Punkt zu einer Art Staubsauger, der obendrein noch einmal Nachbarpunkte einsaugt.

Da nach jedem Zug das Spielfeld wieder aufgefüllt wird, ist es nicht möglich und nicht das Ziel, Tabula rasa zu machen. Als Spieler erhält man vor jeder Partie eine Vorgabe, wie viele Punkte man von jeder Farbe entfernen muss. Auch die Zahl der Züge ist begrenzt. Man muss daher effizient spielen und im Schnitt mit jedem Zug genügend Punkte entfernen, um das Ziel zu erreichen.

Fazit: Meine Behauptung, es handle sich um ein «Candy Crush Saga»-Plagiat, ist nicht wirklich haltbar. Es gibt natürlich Ähnlichkeiten beim Spielprinzip, aber die gibt es, sobald man unterschiedlich farbige Gegenstände, die irgendwie rasterförmig angeordnet sind, einsammeln muss. Das ist ein generisches Spielprinzip, das man vielfältig variieren kann – und das in unterschiedlichen Varianten Spass macht.

«Two Dots» ist nicht die aller-originellste Inkarnation des «Gleichfarbige-Objekte-Entfernen»-Spielprinzips, aber auch nicht die schlechteste. Gut gefällt mir, dass die Zahl der Züge beschränkt ist und man Vorgaben hat, welche Punktefarben in welcher Zahl man zu entfernen hat. Das hat das Potenzial für spannende Konstellationen: Es kann vorkommen, dass man aus strategischen Gründen Punkte wegräumen muss, die einem gar nichts nützen – die aber im Weg sind. Und das sind die kleinen Dramen, die ein Casual Game spannend machen.

Keine echte Herausforderung

Die «Geheimwaffe» hingegen ist ein überflüssiges, ja störendes Element. Natürlich, es ist befriedigend, wenn mit einem «Puff» sämtliche Steine einer Farbe verschwinden und man auf einen Schlag seinem Ziel einen Riesenschritt näher kommt. Aber das «Zünden» dieser Geheimwaffe ist IMHO viel zu einfach: Vier Punkte im Rechteck zu verbinden, ist selbst bei einem kleinen Spielfeld und vielen unterschiedlichen Farben meist keine grosse Sache. Die Level sind denn auch über lange Strecken sehr einfach und keine echte Herausforderung. Ein so mächtiges Spielelement sollte viel dosierter eingesetzt werden und schwierig zu erlangen sein.

Kommt hinzu, dass die «Geheimwaffe» auch das strategische Potenzial des Spiels verringert: Wenn man mit einem Zug einen Grossteil aller Steine entfernt, die dann per Zufallsgenerator ersetzt werden, ist eine vorausschauende Spielweise gar nicht mehr möglich. Es ist schlicht nicht abschätzbar, wie das Spielfeld beim übernächsten Zug aussehen wird. Und das interessiert dann auch nicht, weil man eh bloss nach vier Punkten Ausschau hält, die man zum Quadrat verbinden kann.

Es bewahrheitet sich einmal mehr: Die Power-ups verraten, wie gut die grundlegende Spielmechanik an sich ist. Wenn die Spielmechanik etwas taugt, dann braucht es sie im Grunde nicht – dann ist das Spiel auch ohne sie spannend und abwechslungsreich. Man kann als Spielemacher die Power-ups als kleine Zückerchen einsetzen, die zwischendrin für einen Extra-Kitzel sorgen.

Der Versuch, Mängel in der Spielmechanik zu überdecken

Bei «Two Dots» ist die «Geheimwaffe» als Power-up so zentral, dass die Vermutung naheliegt, dass die eigentliche Spielmechanik nicht richtig funktioniert hat. Vielleicht ist die Sache zu schwer, oder die Testspieler hatten keine Lust an der strategischen, vorausschauenden Spielweise. Doch so ist das Spiel keine Herausforderung – und sicher kein Vergleich zu Clickomania, wo man sehr genau hinsehen und überlegt spielen muss, damit am Ende das Spielfeld wirklich leer ist.

Hübsche Grafiken, wie hier bei der Level-Karte.

Abgesehen davon ist «Two Dots» sehr schön gemacht. Es gibt abwechslungsreiche Level mit unterschiedlichen Konstellationen und variierenden Spielfeldern. Auch die Zahl der Farben ist flexibel – ab sechs Farben kann es echt knifflig werden. Es gibt viele Extrasteine wie der Anker, der nach unten durchrutschen muss, um zu verschwinden. Oder die Feuersteine, die sich während jedem Zug ausbreiten… Mehr als zwei Dutzend dieser so genannten «Mechaniken» sorgen für Varianten beim Spiel. Ebenso vier Power-ups wie der Radierer und Mischer, sowie zwei Booster. Von denen habe ich noch keine freigespielt, sodass ich nicht weiss, was genau die bewirken.

Man kann einen Match gegen Freunde austragen, die über Facebook gefunden wurden. Und (wie angedeutet) kann man auch ein bisschen Geld als In-App-Kauf liegenlassen. Da die Zahl der Leben beschränkt ist und man nur alle zwanzig Minuten ein neues erhält, kann man sie aufbrauchen. In dem Fall hilft der Store weiter: Man kann die maximale Lebenszahl erhöhen, für 5, 10 oder 15 Franken.

Es gäbe Booster zu kaufen

Im Store gibt es auch das Mischer-Power-up, mit dem man das Spielfeld farblich neu aufstellt. Dort gibt es auch Booster zu kaufen.

Trotz meiner Kritik werde ich «Two Dots» weiterspielen – gespannt, was die höheren Level noch so bringen mögen. (Und die Erkenntnis bleibt, dass Clickomania, wenn ich denn einmal eine moderne Smartphone-Neuauflage wagen würde, unbedingt eine schöne Lebel-Architektur brauchen würde…

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