Zwanzig Jahre!

Eine kleine Selbst­be­weih­räu­che­rung ist ange­sagt, nachdem meine program­mie­reri­sche Finger­übung von vor zwei Deka­den einen runden Ge­burts­tag feiert.

Einer meiner früheren Chefs hatte eine Regel: Keinen Jubiläums- bzw. Jahrestags-Journalismus. Also keine Artikel im Stil von «Heute vor dreihundertsiebenundzwanzig Jahren wurde in Schweden die handbetriebene Saftpresse erfunden.»

Ich fand die Regel in dieser Form zu apodiktisch und habe mich auch nicht immer daran gehalten. Ich finde Artikel aus historischem Anlass meist eher uninteressant. Doch wenn man Erkenntnisse für die Gegenwart gewinnen kann, haben sie ihre Berechtigung. Ich habe darum über Alan Turing und über den vierzigsten Geburtstag des Mikrochips geschrieben.

So langsam gehen die Kerzen aus. (Bild: Matthias Zomer/pexels.com, CC0)

Beides meines Erachtens aufklärerische Stücke mit Bedeutung fürs Hier und Jetzt. Zumal ich damals feststellen musste, dass manche Kollegen keine Vorstellung davon hatten (und mutmasslich noch immer nicht haben), dass einer im Lauf der Zeit mal ein Ding namens Transistor erfunden hat und ein anderer mit dem integrierten Schaltkreis aus dem Busch gekommen ist. Ein iPhone wäre doch deutlich unhandlicher, wenn es noch aus Relais und Röhren bestehen würde.

Eine Jubiläumsrede mit Anflügen eines Abgesangs

Heute muss ich die Keine-Jubiläums-Stücke-Regel aus eigennützigen Gründen brechen … abgesehen davon, dass die im Blog hier eh nicht gilt, weil hier der Chef mit seinen eigenen Richtlinien bloggend zugange ist. Und abgesehen davon, dass es auch nicht allzu feierlich werden soll, sondern eher in Richtung Abgesang geht. Es ist jedenfalls so, dass ich das zwanzigjährige Jubiläum von Clickomania nachholen muss, dass sich Ende 2017 zugetragen hat, und das ich irgendwie verpasst habe. Vor zehn Jahren hatte ich noch daran gedacht.

Clickomania, das ist das Spiel, das ich aus einer Laune heraus mit Borland Delphi 3.0 entwickelt habe. Ich habe es erst als Weihnachtsgeschenk für meine Freunde herumgeschickt und dann, als die es lustig fanden, im Netz und auf Shareware-Sites veröffentlicht.

Wer hätte das gedacht!

Daraus wurde eine ziemlich langwierige Angelegenheit, die mir sehr viele Postkarten, diverse Veröffentlichungen in Tageszeitungen, Computerzeitschriften und auf Heft-CDs, einen Fernsehauftritt von acht Sekunden auf Sat.1, eine Erwähnung auf Wikipedia, Millionen von Downloads, sowie meine Familie eingebracht hat. Bevor ihr fragt: Meine Frau habe ich kennengelernt, weil sie Clickomania gespielt und mich per Mail kontaktiert hat. Sie fand die Hilfetexte zum Spiel sympathisch.

Das der wunderhübsche Hintergrund der ersten offiziellen Version, die Ende 1997 ins Netz kam.

Was als Sponti-Idee begann, weil ich Lust hatte mich autodidaktisch mit Programmieren zu beschäftigen, hat zwanzig Jahre angedauert. Noch immer bekomme ich ab und zu eine Postkarte oder ein Mail.

Erst neulich hat einer angefragt, wie man denn die Spielstände der alten Version von Clickomania auf einen neuen Computer transferieren könne: Ein Mann hat für seine Mutter gefragt, die das Spiel noch immer im Einsatz hat. Doch ich glaube nicht, dass ich in zehn Jahren noch einmal über ein rundes Jubiläum schreiben werde.

Denn die Mails und Postkarten werden weniger, und auch die täglichen Online-Resultate, die hier auf der Website einlaufen, werden weniger: 1’166’773 sind es seit 2004, nachdem vor vier Jahren die Million erreicht war. Das heisst, dass die Leute nicht komplett mit Spielen aufgehört haben, aber dass die Begeisterung nachlässt.

Wer spielt heute noch Spiele am PC?

Das ist auch kein Wunder. Clickomania läuft auf den neuen Windows-Versionen überhaupt nicht mehr oder nur noch fehlerhaft. Und überhaupt: Wer spielt heute noch am PC? Casual Games sind heute die Domäne von Smartphone und Tablet. Eine Weiterentwicklung ergibt für mich daher keinen Sinn. Und für eine Portierung aufs iPhone oder nach Android fehlt mir das Knowhow.

Das würde ich mir gerne aneignen, aber mir fehlt jegliche Zeit dafür. Und wenn ich es tun würde, dann hätte ich den Ehrgeiz, eine eigene Spielmechanik zu entwickeln. Denn bei Clickomania stammen viele Details von mir, aber das Spielkonzept ist als Samegame bekannt. (Was ich erst Jahre nach meiner ersten Version erfahren habe. Ich hatte die Inspiration von einer lausigen Browser-Version, die ich besser und schöner haben wollte.)

Die Tradition lebt weiter.

Darum ist hier das Ende gekommen. Das heisst nicht, dass ich den Stecker ziehe, die Website hier umbenenne und die Installationsdateien wegwerfe. Nein, es kann hier weitergehen wie gehabt. Aber wenn man von einer «Ära» sprechen will, dann ist die vorbei.

Die diversen Android-Varianten von «Clickomania»

Immerhin lebt der Name weiter: Bei Google Play gibt es ein gutes Dutzend Spiele, das «Clickomania» als Stichwort verwendet und sich damit in eine Tradition einreihen. Im Apple App-Store gibt es zwei Varianten, wobei ich vor allem Touch League einmal ausprobieren will…

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