Pontifex reloaded

Das gleiche Spielprinzip – baue möglichst günstig eine möglichst stabile Brücke – in mehreren tollen Varianten: Die «Bridge Constructor»-Reihe mit den Varianten Playground!, Mittelalter, 3D und Stunts.

Ich komme zurück auf einen Blogpost, der (bei aller Bescheidenheit) einer der grossartigsten Titel der Bloggeschichte hat: Pontifex kann jeder heisst er und bespricht das Spiel Bridge Constructor. Das existiert inzwischen nicht nur fürs iPhone und iPad, sondern auch für Android.

Diese Bauweise ist günstig, aber nicht sonderlich stabil.

Die Idee: Man muss eine Brücke bauen, die nicht von allein zusammenkracht. Nicht nur das: Sie muss auch so belastbar sein, dass Autos darüberfahren können. Und, wenn es hochkommt, sogar Lastwagen standhält. Die Zug- und Druckkräfte werden physikalisch einigermassen akkurat simuliert, so zumindest meine laienhafte Einschätzung. Man muss somit ein Gespür für die Kräfte entwickeln, die auf die Konstruktion wirken.

Es geht erst übers Gräblein, dann über den Abgrund

In den Levels wird man mit unterschiedlichen Landschaften konfrontiert. Mal muss man ein kleines Gräblein überspannen, mal einen tiefen Abgrund. Mal ist die Strecke nur kurz, mal zieht sie sich ewig. Man bekommt unterschiedliche Baumaterialien, Holz, Stahl, Beton und Seile, an die Hand und kann sich an verschiedenen Konstruktionen versuchen: Hänge-, Balken- und Bogenbrücken, alles im Angebot.

Bridge constructor

«Bridge Constructor» bietet nicht nur für Lego-Veteranen ein befriedigendes Erlebnis: Man hat eine schöne 3-D-Ansicht, in der man seine Brücke aus verschiedenen Winkeln ansehen kann. Bei der Belastungsprobe werden kleine Autos oder Trucks simuliert, die bei einem Misserfolg spektakulär in die Tiefe fallen. Und man erhält durch (abschaltbare) farbliche Überlagerungen Hinweise, wo die Konstruktion am stärksten belastet wird. Das hilft bei Verbesserungen. (Abgesehen davon bricht die Brücke natürlich auch genau an der Schwachstelle.)

Diese Konstruktion steckt auch Kolonnen von Lastwagen weg. Sie ist aber knapp dreimal so teuer.

Eine weitere Sache kommt hinzu: Ein striktes Budget. Das führt dazu, dass man seine Brücke so billig wie möglich bauen muss. Es gibt in vielen Fällen (mutmasslich) nur eine optimale/mögliche Lösung. Das ist einerseits aus spielmechanischer Sicht verständlich, denn es gibt den Levels ein klares Ziel.

Doch gerade für die Lego-Kinder unter uns ist es eine ärgerliche Einschränkung. Man kann seiner Fantasie nicht freien Lauf lassen, sondern ist an karge Vorgaben gebunden. Dabei ist Opulenz ein typisches Merkmal von jeder Lego-Konstruktion: Man baut nicht praktisch oder nüchtern, sondern ausufernd und exzessiv. So wie Erdogan im richtigen Leben.

Bridge Constructor Playground!

Da kommt Bridge Constructor Playground! (iPhone/iPad, Amazon App Store, 2 Franken für die Vollversion) gelegen. Diese Variante reisst nicht nur die Limitation des Budgets ein, sie lässt einen auch überall mit fast allen Baumaterialien hantieren. Das macht das Spiel kreativer: Protzbrücken, Imponierbauwerke, Giganto-Viadukte für eine kleine Landstrasse – den Absurditäten sind keine Grenzen gesetzt. Einschränkungen gibt es allerdings schon.

Man erspielt mit seinen Brücken Abzeichen, und von denen muss man sich eine gewisse Anzahl erarbeiten, wenn man zum nächsten Level aufsteigen will. Und die Badges sind nun wieder an die alten Vorgaben geknüpft: Für den Badge «Sparschwein» muss man ein bestimmtes Budget einhalten. Für den Badge Materialvorgabe baut man mit den empfohlenen Materialien.

Das müsste kein Extra-Spiel sein

Die Variante macht Spass. Aber man kann sich fragen, ob sich dafür ein separates Spiel rechtfertigt. Die Optik und die Levels sind sehr nah am Original dran. An der Spielweise hat sich gar nichts geändert. Man zeichnet seine Brücke wie ein Ingenieur auf Häuschenpapier, und unerwünschte Bauelemente entfernt man, indem nan sie doppelt antippt. Damit fühlt sich das Spiel genauso an wie sein Vorgänger. Und eben – um die Badges zu erspielen, muss man wiederum auch maximal billige Brücken in ausreichender Zahl bauen, um weiterzukommen. Damit ist man wieder genau da, wo man mit dem ersten Brückenbauer-Spiel schon war.

Daher wäre es fair gewesen, der ursprünglichen Version kostenlos einen zweiten «Playground»-Spielmodus hinzuzufügen, statt einen separaten Titel in den Store zu stellen. So drängt sich der Eindrucks auf, dass mit «Bridge Constructor Playground!» eine gute Milchkuh ein zweites Mal gemolken werden soll.

Mittelalter, 3D, Stunts

Doch das scheint ein Prinzip des Herstellers zu sein:

Es gibt auch Bridge Constructor Mittelalter (für iPhone/iPad und im Android-Store), Bridge Construction Simulator 3D a Real City Building Physics Sim (für iPhone/iPad) und Bridge Constructor Stunts (für iPhone/iPad und im Amazon Store), und das ganze auch noch im Megabundle, zumindest für iOS. Aber gut, auch Entwickler müssen von etwas leben.

«Bridge Constructor Mittelalter»: Katapultbeschuss? Ist meiner Brücke doch egal!

Die Mittelalter-Variante ist ganz okay. Das gleiche Spielprinzip, das um eine Kampfkomponente erweitert wird. Bei manchen Leveln ist die Brücke durch feindlichen Beschuss in ihrer Tragkraft gefährdet. Man muss sie so weit verstärken, dass sie auch dem Beschuss standhält. Das bedeutet letztlich einfach, dass man sie auf mehr Last auslegen muss – auch wenn diese Anforderung anders umgesetzt wird als normalerweise, wo ein paar Soldaten und Rosskarren über das Bauwerk rollen, dass denen dann standhalten sollte. (Bei der Original-Variante von Bridge Constructor sind es Autos und Busse, die man zum Test über die Brücke schickt.)

Feinde in die Falle locken

Umgekehrt kann es sein, dass man eine Brücke so bauen muss, dass sie genau dann zusammenkracht, wenn sich die maximale Zahl an Feinden auf ihr befinden. Das ist schon originell und macht auch Spass. Als alter Prinzipienreiter bin ich jedoch der Ansicht, dass nicht jedes Spiel in ein Kampfspiel umgemünzt zu werden braucht.

Die Stunt-Inkarnation hat eine viel schönere 3-D-Grafik, spektakuläre Explorsonen und eine zirkushafte Komponente zu bieten: Man baut seine Brücke so, dass ein waghalsiger Fahrer auf die andere Seite kommt: Der kann wie weiland Keanu Reeves in Speed auch Abgründe überspringen und sich von Rampen, Federn oder weiss der Geier was ans Ziel spicken zu lassen. Saltos sind nicht nur erlaubt, sondenrn geradezu Pflicht. Auch das klingt in gewisser Weise originell, ist nach meinem Geschmack aber zu weit von der ursprünglichen kreativen Idee entfernt.

Und mir gefällt der Action-Teil des Spiels nicht: Man muss da nämlich das Stunt-Auto fahren und mittels Bremse und Gas dafür sorgen, dass man auf der anderen Seite ankommt. Wenn man scheitert, kann das daran liegen, dass man ein schlechter Fahrer ist – oder dass die Brücke nichts taugt. Es mag sein, dass ein Teil der Nutzer die Zusatzherausforderung schätzt.

Das Action-Element passt nicht so richtig rein

Ich gehöre aber nicht zu dem Teil. Mir sind zwei Unbekannte eine zu viel – zumal die eine Unbekannte eigentlich keine ist: Ich bin nämlich ein schlechter Fahrer.

Bei «Stunts» gilt: Erst bauen, dann fahren.

Fazit: In dem Fall sind die Weiterentwicklungen leider unbefriedigend. Die eine neuere Version weist zu wenig Originalität auf, die anderen zu viel. Aber gut, es bleibt noch «Bridge Construction Simulator 3D a Real City Building Physics Sim» – da erschlägt einem nur schon der Name. Warum nicht einfach nur «Bridge Constructor 2» oder «Bridge Constructor 3D»?

Jedenfalls bietet diese Version eine überzeugend weiterentwickelte Grafik, bei der man die Brücke beim Einsturz aus verschiedenen Perspektiven bewundern kann. Leider ist diese Version echt nervig mit ihren konstanten Tipps und Vorschlägen – der Clou ist nämlich, dass man hier Tipps kaufen muss: 25 gute Ratschläge kosten 2 Franken als In-App-Kauf. Da hat leider Free to play mal wieder einen vielversprechenden Titel ruiniert.

Schade!

«Bridge Construction Simulator 3D» hat eine hübschere Grafik, aber auch diverse Geldmacherei-Maschen zu bieten.

Hier abschliessend noch der Hinweis, dass es einige der kostenpflichtigen Spiele auch als Gratisvariante gibt: Nämlich Bridge Constructor Stunts (für iPhone/iPad und im Amazon Store) und das Original-Bridge Constructor (für iPhone/iPad und im Android-Store). Zu erwähnen auch die Gratisvariante von Playground im Amazon-Store. (Echt, Leute, so viele Varianten! Da schiebt man als Blogger Überstunden, bis man alle diese vermaledeiten Links in seinem Text untergebracht hat!)

Und weil ich ein so grosser Freund von Teasern bin, hier ein Teaser: Ich habe eine hübsche Alternative eines anderen Entwicklers gefunden, die eine wirkliche Verbessrung darstellt. Die werde ich demnächst vorstellen! Die wird hier vorgestellt.

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