Ein bisschen flügellahme Drachen

«Fight and Flight» ist die vierte Folge aus Scott Meyers «Magic 2.0»-Buchreihe. Es ist die schwächste Folge, aber für Fans trotzdem empfehlenswert.

Drachen sind gefährlich. Meistens.

Scott Meyer war mit jeder einzelnen Folge seiner vernerdeten Buchreihe «Magic 2.0» Thema hier im Blog, nämlich 1, 2 und 3. Nun gibt es die vierte Folge namens Fight and Flight (Amazon Affiliate), die hier ebenfalls zu Ehren kommen soll.

Die Reihe basiert auf der Idee, dass Zauberei a thing ist, und dass es die Nerds sind, die zu Zauberern werden. Hogwarts, von wegen! Was es braucht, ist das Talent, auf «die Datei» zu stossen und ihre Funktionsweise zu erkennen. «Die Datei» ist eine Datenbank, und zwar «die Datenbank». Sie steuert die ganze Welt und alles, was in ihr und auf ihr kreucht und fleucht.

Die Welt zurechthacken

Das heisst: Als Nerd kann man sich die Welt so zurechtbiegen, wie man sie gerne hätte, indem man die Datenbank manipuliert. Weil über die Zeit ein paar Nerds die Datei entdeckt haben, entsteht eine Zauber-Community, die es sich im alten England in der ruhigsten Periode der Menschheitsgeschichte gut gehen lässt. Da sich aber nicht immer alle Zauberer/Nerds an die Spielregeln halten und auch mal Unfug mit der Datei anstellen, ist es dann eben nicht nur ruhig.

In der neuesten Folge geht es darum, dass die Zauberer gerne ihre Geschicklichkeit im Kampf verbessern möchten. Dazu überlegen sie sich Methoden und kommen darauf, sich Sparringpartner zu programmieren. Das sind, ohne zu viel zu verraten, Drachen. Sie sehen aus wie aus «Game of Thrones» geklaut (was sie auch sind). Und ihre Verhaltensweise haben sie von, jawoll, Schafen. Doch irgendwie schaffen es die Zauberer/Nerds, die Spuren der Drachen in der Datenbank aus den Augen zu verlieren.

Marodierende Drachen

Das heisst: Die Drachen marodieren in Echt durchs alte England. Sie richten zwar keinen echten Schaden an, weil sich die Zauberer nicht selbst verletzen wollten. Aber ihr Feuer brennt trotz allem höllisch. Und das bringt die Dorfbewohner dazu, sich beim Kampf gegen die Drachen selbst Schaden zuzufügen.

Das klingt lustig und ist lustig. Allerdings hat es auch einen erzählerischen Mangel. Drachen, die keinen wirklichen Schaden anrichten können und wie Schafe relativ harmlose Tiere sind – auch wenn die Zauberer darüber disuktieren, dass die Schafböcke ihrerseits sehr aggressiv werden können –, sind keine echte Gefahr. Es ist zwar eine Herausforderung für die Zauberer, sie wieder einzufangen, besonders auch deswegen, weil sie wegen eines kleinen Implementationsfehlers nur teilweise mit der richtigen Welt interagieren. Aber trotzdem. Als kleiner Twist hat sich Scott Meyer eine Dorf-Gang ausgedacht, die sich die Drachen im Kampf gegen die Zauberer zunutze machen will und es tatsächlich schafft, sie zu reiten. Doch auch das wächst sich nicht zu einer echten Gefahr aus. Das grösste Problem ist der Kollateralschaden, den die Zauberer während ihrer Drachenbeseitigungsbemühungen anrichten. Aber da der vor allem die gemeine Bevölkerung trifft, ist das auch nicht so richtig spannungssteigernd. Der Kampf gegen die Drachen fühlt sich nach einer schriftstellerischen Fingerübung und nicht nach einem Plot-Höhepunkt an.

Und eben: Eine Story ist zwar nicht nur so gut wie das Abenteuer, das die Helden zu bestehen haben – Scott Meyers riesiges Talent für absurde Dialoge, nerdische Charaktere und schräge Nebenfiguren (mit Kilt) entfaltet sich im vierten Teil. Und der Sprecher im Hörbuch, Luke Daniels, ist wie immer eine Wucht.

Die Story zündet nicht

Dennoch ist das der schwächste Teil der Tetralogie, weil die Geschichte einfach nicht richtig zu packen vermag. Ein echter, gefährlicher Drache, der sich zu einer wirklichen Gefahr heranwächst, wäre spannender gewesen. Oder ein etwas schlauerer bäuerischer Gegenspieler, der früher eingeführt wird und das Machtgefüge zum Wanken bringt – vielleicht sogar mit Auswirkungen in die Neuzeit.

Fazit: Keine Zeitverschwendung; ich habe mich mit dem erzählerischen Drumherum gut amüsiert. Ich hoffe, dass es einen fünften Teil gibt. Aber die Zauberer/Nerds brauchen eine echte Herausforderung – und vielleicht sollte sich Scott Meyer wieder mehr auf einzelne Charakter konzentrieren als das ganze Ensemble – dieses Mal mit Philip und Martin, Gwen und Britt, Jeff und Roy, und Tyler und Gary wieder paarweise – auftreten zu lassen.

Outtakes aus der Hörbuch-Lesung. (Beruhigend zu wissen, dass sich auch ein Profi wie Daniels ab und zu verquasselt.) (Quelle)

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