Fernsehen in Zeiten der Glasfaser

Wenn man keinen Ka­bel­fern­seh­an­schluss mehr hat, ist Tele­boy eine gute Wahl, um seine Pro­gram­me via IP-TV zu em­pfangen.

Der legitime Nachfolger des VHS-Rekorders.

Wie hier ausgeführt, habe ich der UPC (Cablecom) den Rücken gekehrt. Dieser Schritt bringt einige Veränderungen mit sich, über die hier im Blog noch zu reden sein wird: Über den neuen Router, den Turris Omnia. Über die Erfahrungen mit der Umstellung auf Sip, inklusive Rufnummernportierung (guest-voip.ch mit dem Gigaset S850 A GO). Und jetzt vor allem über Teleboy.

Denn auch wenn sich unser Fernsehkonsum stark gewandelt hat und wir meistens bei Netflix abhängen, so ist das lineare Fernsehen nicht komplett abgeschrieben. Ab und zu möchten wir die Tagesschau oder den Tatort sehen. Plus ein paar andere Sendungen, auf die manche Leute in unserem Haushalt nicht verzichten wollen, deren namentliche Erwähnung an dieser Stelle für die Betroffenen allerdings über Gebühr peinlich wäre. Ich habe mir einige Zeit überlegt, was mir nun besser gefällt – Wilmaa oder Zattoo? Und bin dann bei Teleboy gelandet. Genau, beim lachenden Dritten.

Zwei Gründe für Teleboy

Zwei Gründe haben zu diesem Entscheid geführt und mich dazu bewogen, für die Premium-Funktionen Teleboy Comfort für 115 Franken im Jahr zu abonnieren: Erstens die gelungene App für den AppleTV. Die ist ausschlaggebend, weil Fernsehen weiterhin vor allem ein Lean-Back-Medium ist. Ich finde verblüffend, wie schnell das Zappen mit Teleboy funktioniert – da kann die Horizon-Box im Vergleich einpacken. Der Guide ist ebenfalls brauchbar, und es gibt all die Funktionen, die wir schon bei der Horizon-Box nie genutzt haben¹: Aufnahme, 7 Tage Replay und Timeshift (also Anhalten des Programms). Die Benutzerführung ergibt bei dieser App Sinn. Und ich darf meine Sender so sortieren, wie ich gerne möchte und all den Quatsch beseitigen, dem man bei der UPC dann doch ständig wieder begegnet².

Sendung auswählen (links) und anschauen (rechts).

Zweitens die überlegene Aufnahmefunktion. Die aufgezeichneten Sendungen liegen in der Wolke, dürfen aber auch heruntergeladen werden. Und zwar als hundskommune MP4-Datei, die in jedem Player läuft, sogar in der Filme & TV-App von Windows 10, über die es sonst nicht viel Gutes zu sagen gibt. Diese Downloadfunktion ist ohne Zweifel der legitime Nachfolger des VHS-Rekorders.

Die Aufnahmen mobil ansehen

Man kann die Aufnahmen auch in den mobilen Apps (Android und iPhone/iPad) aufs Gerät herunterladen und offline schauen – da sieht im Vergleich die UPC auch mit ihrer Horizon Go-App alt aus.

Die Bildqualität ist nicht ganz so gut wie bei der UPC, was (mutmasslich) an der geringeren Bandbreite liegt. Damit kann ich leben. Teleboy erfordert eine Internetverbindung von 10 mbps. Für die Glasfaser wäre eine Option nett, die eine höhere Qualität anliefern würde.

Meine Hauptkritik an Teleboy ist ein kleines Problem mit Airplay. Wenn wir das iPad zum Fernsehen verwenden, nutzen wir normalerweise unseren Airplay-Lautsprecher für den Ton: So klingt es besser und vor allem auch lauter.

Mit der Teleboy-App klappt das nicht, da die auch das Bild an den Lautsprecher schickt, was aus naheliegenden Gründen keinen Sinn ergibt – am iPad erscheint dann nur noch der Hinweis, das Programm werde auf dem externen Gerät wiedergegeben. Mit dieser Airplay-Konstellation haben auch andere Apps Mühe. Play SRF (iPhone/iPad) neigt auch dazu, auch das Video an den Lautsprecher zu schicken. Wilmaa und Zattoo beherrschen diesen Trick jedoch, sodass wir, wenn alle Stricke reissen, halt auf eine dieser beiden Apps ausweichen müssen.

Die Latenz nervt beim «Tatort»-Twittern

Und dann wäre da natürlich noch das Problem der Streaming-typischen Zeitverzögerung. Normalerweise kann einem das egal sein – ausser bei der Tagesschau der ARD, wo die eingeblendete Uhr mit Sekundenangabe im Zeitalter des Digitalfernsehens halt eben nicht mehr sekundengenau ist. Manche Leute stören sich auch beim Fussball am Rückstand, weil ein Tor dann auf Twitter schon gefallen ist, während man am Fernseher noch darauf wartet.

Beim Download der Aufnahmen wählt man die Qualität und die Tonspur – leider ist es nicht möglich, beide Tonspuren in einer Datei zu erhalten.

Fussball ist mir bekanntlich egal, aber beim erwähnten Tatort handelt man sich einen echten sozial-medialen Nachteil ein: Jemand hat eine gute Pointe zum Tatort dann sicher schon getwittert, sodass man selbst dann als Plagiator und nicht als Meister der 140 Zeichen dasteht. Aber immerhin: Im Vergleich zur Konkurrenz schneidet Teleboy (gemäss Kassensturz) gar nicht so schlecht ab.

Fussnoten

1) Naja, fast nie. Aber es ist trotzdem schön, sie zu haben.

2) Die UPC neigt dazu, bei dieser Kritik auf die Favoritenfunktion hinzuweisen. Ich erkläre hier aber gerne, warum die nichts taugt: Mit der Favoritenfunktion bestimmt man seine Lieblingssender. Wenn die Favoritenansicht aktiviert ist, sieht man nur diese Lieblingssender, die anderen werden ausgeblendet. Wenn man nun einen Sender sehen möchte, den man nur selten schaut und deswegen nicht als Favorit bezeichnet hat, muss man die Favoritenansicht wieder abschalten, sodass der ganze restliche Quark wieder erscheint.

Wenn man die Senderreihenfolge selbst bestimmen kann, schiebt man die Sender, die man selten schaut, aber auf die man nicht komplett verzichten will, nach hinten. Das Problem mit der Favoritenansicht ist ausserdem, dass die Sender fortlaufend nummeriert werden. Die hinteren Sender haben somit beim eingeschalteten Favoritenmodus eine andere Programmnummer als bei ausgeschaltetem Favoritenmodus – und das ist extrem unpraktisch, weil man es so vergessen kann, einen Sender über die Nummerntaste aufzurufen. Weil die Horizon-Box aber derart langsam ist, möchte man die Sender nicht durchblättern und auch nicht über die Senderliste aufrufen.

Zu schlechter Letzt ist das An- und Abschalten des Favoritenmodus bei der UPC extrem umständlich, sodass nur ein Schluss bleibt: Der Favoritenmodus ist unbrauchbar.

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