Aus der Not eine Untugend gemacht

Die sogenannten Splash-Screens erscheinen während des Startvorgangs einer Software – sodass der Nutzer nicht etwa glaubt, das Programm sei gleich am Anfang abgestürzt. Aber wäre es nicht klüger darauf zu achten, dass es ausreichend schnell parat ist?

Frage: Stell dir vor, du wärest ein Softwareentwickler und hättest ein Programm geschrieben, das etwas langsam startet. Was tust du, damit der Benutzer nicht wie wild aufs Icon klickt, weil er denkt, er hätte das Programm nicht gestartet – und damit das Problem noch verschärft?

Autsch!

Deine logische Antwort lautet natürlich: Ich schaue zu, dass mein Programm schneller startet.

Doch das ist nicht, was passiert ist. Irgendein fauler Softwareingenieur – oder auch sein Chef – hat die Idee ausgebrütet, stattdessen einen Pausenfüller anzuzeigen. Der nennt sich technisch Splash Screen oder Startbildschirm. Er lässt den Benutzer wissen, dass sein Programm dabei ist zu starten und er sich gefälligst gedulden soll.

Gewisse Dinge brauchen nun einmal ihre Zeit

Um nicht unfair zu sein: Unter gewissen Umständen ist der Splash Screen unvermeidlich; nämlich beim Betriebssystem selbst. Das braucht seine Zeit, um die Startvorgänge abzuwickeln. Auch bei grossen Games ist es technisch wahrscheinlich nicht anders zu lösen. Ebenso in Fällen, in denen ein Programm nur funktionieren kann, wenn es erst ein bisschen mit einem Server kommuniziert.

Trotzdem: In den meisten Fällen ist der Splash Screen ein deutliches Anzeichen dafür, dass etwas mit der Software oder mit dem Konzept der Software nicht stimmt. Der Splash Screen schreit laut «Bloatware»! Er ist eine Aufforderung, die Software schlanker und schneller zu machen – oder sie in Module zu zerlegen, sodass manche Teile erst nachgeladen werden könne, wenn sie effektiv benötigt werden.

Ächz!

Doch diesen Aufwand haben sich die Softwareentwickler lieber gespart. Denn die Marketingabteilung hat gesagt: «Toll, dieser Splash Screen! Da können wir gleich noch kostenlose Werbung in eigener Sache unterbringen, die sich der User dann tagtäglich ansehen muss! Ist das nicht grossartig!» Natürlich ist es nicht grossartig, weil eine Software am besten Werbung für sich selbst macht, indem sie ihren Job unauffällig und effizient verrichtet. Aber bevor sich diese Einsicht in einer Marketingabteilung durchsetzt, friert eher die Hölle zu.

Nopopup, nosplash

Ich habe leider nicht herausgefunden, wem die Ehre gebührt, als Erfinder des Splash Screens zu gelten. Immerhin habe ich die Ehre, der erste Journalist zu sein, der den Begriff in der Schweiz in einer Zeitung verwendet hat, die bei der Schweizer Mediendatenbank SMD archiviert wird. Das geschah im Beitrag Kein Spass am Splash am 7. Oktober 2002.

Kein Spass am Splash

Man wird den Splash Screen übrigens auch bei Office 2016 los: Bei einer Office-Anwendung, zum Beispiel bei Word, öffnet man die Optionen, wählt Allgemein und deaktiviert dann unten die Option Startbildschirm bei der Start dieser Anwendung anzeigen.

Übrigens… ZoneAlarm, auch so ein Relikt, das aber zum Glück den Weg alles Irdischen schon gegangen ist.

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