Audible macht gar keine gute Figur

Ich habe mich gleich doppelt über Amazons Hörbuchladen aufgeregt: Erstens, weil er mir die Harry-Potter-Bücher nicht in der Lesung von Stephen Fry verkaufen will. Und zweitens, weil neuerdings Credits auch verfallen können, wenn man nicht aufpasst.

Ich habe mich gelegentlich schon darüber aufgeregt, dass der Markt alles regelt. Ausser die Interessen der Konsumenten; excuse me please. In dieser Überzeugung wurde ich neulich durch absurde Vorkommnisse bestärkt.

Häh? (Bild: JD Hancock/Flickr.com, CC BY 2.0)

Wohl weil ich neuerdings dem amüsanten Twitter-Account @jk_rowling folge, bin ich auf den Gedanken verfallen, mir nach zehn Jahren ihr Œuvre erneut zu Gemüte zu führen. Ich habe die Bücher damals in Papierform gekauft, doch wie es mit Papier so geht: Es wird an den Schwager ausgeliehen, der damit dann viele Dinge tut, ausser es zu retournieren. In Digital wäre das nicht passiert.

Harry Potter, gelesen von Stephen Fry? Fehlanzeige

Jedenfalls hatte ich Lust auf die vom hochverehrten Stephen Fry – ebenfalls ein Twitter-Highlight – gelesenen Hörbücher. Und da sich bei meinem Audible.com-Account aus Gründen sechs Credits angesammelt hatten, schien es eine gute Idee, die dafür zu verwenden.

Doch nein. Harry Potter gibt es in Hörbuchform nicht nur von Fry gelesen, sondern auch von You probably don’t know who. Der Telegraph hat sich sogar ein bisschen über die Amerikaner lustig gemacht, die nicht in den Genuss dieses exquisiten britischen (Nicht-)Exportguts kommen.

Wie gesagt: Ich finde solche kulturellen Ausgrenzungen idiotisch, und ich war versucht, mich anderweitig zu bedienen. Man muss nämlich noch nicht einmal seinen Torrent-Client anwerfen; es gibt die Bücher auch in allerdings grauenvoller Audioqualität bei Youtube. Da aber Audible gleichzeitig gewarnt hat, man dürfe nicht mehr als sechs Credits aufs Mal horten, jedoch nicht ausdeutschte, ob die dann verfallen, wenn man sie nicht nutzt, habe ich an den Support geschrieben.

Dort beschied man mir Folgendes:

With your membership plan, you have the ability to rollover or store up to 6 credits. Once you have reached the maximum amount of credits your membership plan can rollover, your oldest credit will be removed in order for you to receive new credits.

Die Server von Audible scheinen somit nur sechs Credits aufs Mal speichern zu können. Beim siebten würde wahrscheinlich irgendein gefährlicher Buffer overflow erfolgen, der das ganze Internet in Millionen Stücke reisst.

Die Gefahr, dass Credits verfallen

Nein, im Ernst: Eine sehr kundenunfreundliche Regelung, und ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob ich auf diese Weise nicht schon Credits verloren habe. Ich hatte in letzter Zeit nämlich wirklich keine Zeit, mich um Audible zu kümmern. Das wird auch immer mal wieder Leuten passieren – weil sie krank sind, durch Ereignisse in ihrem Leben vom Hörbuchhören abgehalten werden oder warum auch immer. In den Fällen streicht Audible bzw. Amazon also das Geld ein, bietet aber keinerlei Leistung dafür. Das wäre, ich muss es leider sagen, mit Papier nicht passiert.

Da sind sie…
… doch nicht.

Aber das war ja nur das Nebengeplänkel. Beim Hauptgeplänkel beschied man mir dieses:

If there is an audiobook that is restricted from your region, you have the following options:

  • If you have an alternate card that is issued from a region that does offer the audiobook, set that card as your account’s default payment method instead.
  • Submit a content request to content-requests@audible.com to request availability for the title in your region. Our Content Department will investigate whether we can make that audiobook available in your location by contacting the publisher. While we can’t guarantee a positive result, please know that we are constantly working to expand our catalog and will do our best to make your favorite titles available to you.

Da es nicht möglich ist, die Credits zu audible.de zu transferieren – was das Problem ebenfalls nachhaltig lösen würde –, habe ich sogleich den zweiten Weg beschritten und erläutert, dass mich meine Schweizer Kreditkarte ermächtigen würde, die Bücher bei Audible.de zu kaufen – und es somit keinen Grund gibt, sie mir nicht auch bei audible.com anzubieten.

Es könnte auch ein Fehler sein, oder?

Pardon, fast keinen Grund. Einen gibt es natürlich. Es könnte sein, dass es ein Fehler ist, dass man als Schweizer bei Audible.de die Bücher kaufen darf. Darum habe ich mir folgenden Nachsatz erlaubt:

If the book is only available by mistake to Swiss customers at audible.de, it obviously would have to be removed immediately.

Ich bin gespannt auf den Shitstorm, wenn das tatsächlich passieren sollte. Jedenfalls ist die Antwort noch ausstehend. Aber es zeigt zwei Dinge:

Die Welt des digitalen Contents leidet sehr darunter, dass die Anbieter die Meinung vertreten, «freier Markt» bedeute die Freiheit, die Kunden so veralbern, wie es gerade beliebt. Damit das nicht passiert, braucht es eine gesunde Konkurrenz. Auch im Hörbuchbereich muss sich eine gute Alternative zu Audible entwickeln. Bei thalia.de gibt es das, und ich bin sehr versucht, das auszuprobieren – immerhin kann man sich bei Audible die Ausgaben für die Credits zurückerstatten lassen, wenn man das beantragt.

Die so genant illegalen Bezugsquellen bleiben wichtig

Zweitens sind eben auch die so genannt illegalen Bezugsquellen wichtig. Sie zwingen die Hersteller, den berechtigten Interessen der Anwender entgegenzukommen – weil die sich sonst halt gratis bedienen. Ohne diese Möglichkeit könnte Audible sich nämlich auf die bequeme Position zurückziehen, dass der Schüssler halt irgend ein anderes Hörbuch nehmen soll, wenn er das gewünschte gerade nicht bekommen kann – sonst kann er immer noch zusehen, wie seine Credits den Bach runtergehen.

Siehe auch Teil zwei der Saga: Auch Amazon hat keine Chance.

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