Ein besserer Aufklärer als Facebook

Der Skeptoid-Podcast von Brian Dunning ist ein Wegbereiter des skeptischen Denkens und ein nüchterner Faktenvermittler.

Wo bleibt die Facebook-Kategorie für uns lockige Menschen? (Bild: Enredada, Silvia Viñuales/Flickr.com, CC BY-ND 2.0)

Vor einiger Zeit bin ich auf Facebook in eine Diskussion geraten¹, in der es um diesem Beitrag hier ging. Der besagt, dass Facebook es neuerdings möglich macht, Werbekampagnen nach Ethnien zu «targeten». Man kann seine Kampagne auf Afroamerikaner beschränken oder nur Hispanoamerikaner ansprechen. Genauso, wie man nach Alter, Geschlecht, Hobbies und diversen Vorlieben selektieren kann.

Ist das diskriminierend oder nicht? Eine interessante Frage, bei der ich unschlüssig bin (war). Einerseits ist die Gefahr von Ungleichbehandlung tatsächlich gegeben. Ein Restaurant könnte seine Werbekampagnen nur auf Weisse ausrichten, um farbige Besucher fernzuhalten. Andererseits ist das Targeting bei Frauen erlaubt, obwohl bei diesem Geschlecht die Benachteiligung längst nicht ausgerottet ist. Auch nach Alter darf man seine Kampagne ausrichten. Ist es okay, wenn ein Restaurantbesitzer Frauen und Alte fernhält, aber wenn er Aufroamerikaner ausgrenzt, wird es zum Problem? Ist die Schutzbedürftigkeit bei der Rasse grösser als bei den anderen Faktoren?

Mir ist klar – mit dieser Frage läuft man sehr schnell Gefahr, Zuspruch von der falschen Seite zu bekommen. Von der Seite nämlich, die findet, man sollte wieder Negerkuss und Mohrenkopf sagen dürfen und die linksversifften Gutmenschen sollten sich mit ihrer Political Correctness mal nicht so haben. Mit der Seite habe ich, das ist hoffentlich klar, grad gar nichts zu tun.

Unterschiede negieren?

Mein Argument für ein solches Targeting war der Umstand, dass Lebensbereiche gibt, die die Ethnien unterschiedlich betreffen. Ich erinnerte mich daran, irgendwann mal von Medikamenten passend zur Hautfarbe gelesen zu haben. Auch entsprechende Kosmetika-Tipps gibt es. Da wäre es dann rassistisch, wenn man die biologischen Unterschiede negiert, sich die Forschung spart und Schwarzen die für Weisse entwickelten Medikamente aufnötigt, obwohl sie weniger wirksam sind und vielleicht Extra-Nebenwirkungen haben.

Der Versuch, diese Fragen bei Facebook zu klären, ist gescheitert. Wie so oft, wenn man bei Facebook nicht bloss Likes verteilt oder der Welt kurz zu verstehen gibt, wie doof doch alle anderen sind. Per Zufall ist eine sehr gute Antwort aber von ganz anderer Seite gekommen, nämlich aus meinem Podcatcher.

Brian Dunning von Skeptoid.com hat vor Kurzem die Folge There’s No Such Thing as Race… Or Is There? gemacht. Er weist nach, dass die Rassen ein soziales Konstrukt sind. Wenn man es genetisch anschaut, lösen sich die Rassen auf, sind nicht fassbar. Manche Allele treten bei einigen Populationen häufiger auf als bei anderen, aber…

Populations, defined this way, are not distinct from one another. They blend into each other. Populations are not bounded by lines, but by clines, which are gradations. A population as a whole has a certain frequency of alleles, but any given individual is somewhere along a cline, and it is difficult or impossible to tell which population he might be from.

Das medizinische Argument wird angesprochen, und zwar widerlegt, aber durch den langjährigen Gebrauch einer zwar extrem vereinfachenden, aber in manchen Fällen praktische Kategorisierung erklärt:

The idea of race has hung on for so long in biological circles because many diseases are highly correlated with race. We had to understand why this is, in order to understand the disease and develop a way to fight it. So, even though it was politically incorrect, studying cystic fibrosis in “white people” or sickle cell anemia in “black people” made a certain amount of sense.

Die Rassensicht in der Medizin hat zu einem gewissen Grad Sinn ergeben. Aber eben nicht genügend, als dass man daran festhalten müsste. Hört euch die Argumentation im Detail an oder lest sie euch durch. Sie erklärt schlüssig, warum die Rasse kein klar umrissener Begriff, sondern bis zur Unkenntlichkeit schwammig ist.

Ein Bilderbuchbeispiel, warum Facebook nervt

Es drängt sich einem die Erkenntnis auf: Das ist ein Bilderbuchbeispiel, weswegen man sich bei derartigen Fragen bevorzugt nicht von Facebook aufklären lässt, sondern sich an jene Leute hält, die sich von den Fakten leiten lassen – Postfaktizismus hin oder her. Wir dürfen die Einteilung nach Rasse somit als wissenschaftlich überholt, wenig hilfreich und obsolet betrachten und Facebook darum bitten, die Kategorie zu streichen – währenddem Alter und Geschlecht beibehalten werden können, zumal diese Eigenschaften im Gegensatz klarer sind²:

Race brings little to the table; especially in a globalized populace, a visual phenotyping is past the point of utility in determining genotype. Population and ancestry are far more useful than race, but they are not always evident or available.

Fazit: Ich glaube, ich habe Skeptoid hier in diesem Blog zwar schon mehrfach erwähnt (auch hier), aber nie offiziell vorgestellt.

Das sei hiermit nachgeholt: Brian Dunning macht seinen skeptischen Podcast seit 2006. Mehr als 550 Folgen sind seither zusammengekommen, zu Verschwörungstheorien, urbanen Legenden, alternativer Medizin, Religion, Pseudowissenschaften und Tricks, um Konsumenten für dumm zu verkaufen. Einige Folgen haben befreundete Skeptiker beigesteuert, weil Dunning wegen einer Betrugsmasche mit Affiliate-Links im Gefängnis sass – worüber er offen gesprochen und was seiner Glaubwürdigkeit letztlich keinen Abbruch getan hat.

Skeptoid ist einer der Podcasts, den ich seit Jahren höre. Und er ist wahrscheinlich einer von ganz wenigen, von denen ich alle Folgen gehört habe. Besonders denkwürdige Folgen sind How to Spot Pseudoscience , A Magical Journey through the Land of Logical Fallacies – Part 1 und Part 2, Debunking the Moon Truthers und The Science of Voting.

Etwas störend ist die Werbung, die Skeptoid neuerdings in die Podcasts einbaut. Die verwässern meiner Meinung nach die Botschaft, aber man kann sie über den Premium Access loswerden, den man ab 5 Dollar pro Monat bekommt.

Die Prinzipien der Neugierde

Apropos Geld. Dunning ist im Moment per Crowdfunding dabei, den Film «Principles of Curiosity» zu finanzieren. Es soll darum gehen, den amerikanischen Schulkindern kritisches Denken beizubringen. Ich habe dort schon vor der Wahl Donald Trumps ein bisschen Geld eingeworfen. Jetzt nach der Wahl scheint mir dieser Film noch viel dringlicher zu sein als vorher…

Fussnoten

1) Ich scheine beim Kommentarthread ein Selbstgespräch zu führen. Das liegt daran, dass jemand dort ziemlich dummes Zeug faselte und dann, in einem lichten Moment, seine Beiträge wieder löschte. Ich finde es übrigens doof, dass Facebook das nicht kenntlich macht.

2) Und bevor ihr jetzt aufschreit: Mir ist die Sache mit der Geschlechtsidentität bekannt. Und ich habe nichts dagegen, wenn Facebook statt zwei Kategorien 60 Kategorien anbietets.

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