Die Plattformisierung der Podcasts

«Fest & Flauschig» sei ein Podcast, be­haup­ten Jan Böh­mer­mann und Olli Schulz, die Macher dieser Audio­pro­duk­tion. Doch anders als ein rich­ti­ger Pod­cast gibt es sie nur über Spoti­fy zu hören – nicht im freien Netz.

Ein Thema, das mich dieser Tage beschäftigt, ist die Plattformisierung des Web. «Plattformisierung» ist nun wirklich nicht ein griffiges Wort. Aber mir fehlt im Moment noch eine gute Alternative. Falls ihr eine habt: Ab in die Kommentare damit!

Podcast super, Verbreitungsart blöd.

Der Begriff bezeichnet den Umstand, dass immer mehr Inhalte aus dem freien, für alle Internetnutzer problemlos zugänglichen Web auf Plattformen abwandern, wo die Inhalte nicht mehr so frei zugänglich sind. Beispiele sind soziale Medien wie Facebook, bei denen man einen Account besitzen muss, um die Inhalte ordentlich nutzen zu können. Viele kluge Dinge, die Leute auf Facebook sagen, könnten sie auch in einem eigenen Blog publizieren. Es ist oft einleuchtend, warum sie es nicht tun. Aber es ist halt eben schade, dass diese Inhalte nicht frei im Netz verteilt sind, sondern sich auf den Servern des Herrn Zuckerberg zusammenballen.

Plattformisierung: Wenn freie Inhalte in Apps und hinter Aboschranken verschwinden

Ein anderes Beispiel für diese Plattformisierung ist das, was mit den Podcasts passiert. Spotify behauptet von sich, neuerdings Podcasts anzubieten. Zum Beispiel den Podcast Fest & Flauschig mit Jan Böhmermann und Olli Schulz.

Die Sendung selbst ist – ich bin fast geneigt zu sagen: leider (weil das die Verdammung des Phänomens schwerer macht) – hervorragend. Sie zeigt zwei Dinge: Einerseits, dass Labern ohne Sinn und Verstand eine hohe Kunst ist. Und, wenn man genau hinschaut, bei den Profis anders als bei vielen Podcastern dann doch nicht komplett planlos erfolgt.

Andererseits bekommt man vorgeführt, warum Audiopodcasts so viel besser sind als Fernsehen. Die thematische Spielwiese ist grösser, das formale Korsett nicht so eng und das Hörerlebnis intimer. Bei «Fest & Flauschig» ist dementsprechend die Qualität der einzelnen Ausgaben sehr viel volatiler als bei einer Fernsehtalkshow.

Formal und inhaltlich ein hervorragender Laberpodcast…

Macht aber nichts; das macht die Sache nur umso authentischer. Olli Schulz vor allem, lässt seiner schlechten Laune auch mal freien Lauf, und das ist völlig okay. Zumal er vorführt, dass man das Ablassen von Tiraden zu einer echten Kunstform bringen kann.

Er zieht auch mal über den ehemaligen Arbeitgeber von ihm und Böhmermann her (die ARD) und proklamiert, wer das nicht tue, weil er Angst habe, sich in Zukunft Chancen zu verbauen, sei einfach nur feige. Seine Meinung zur Musik sind sehr hörenswert und auch Böhmermann hatte im Nachgang der Erdogan-Affäre selbstreflexive Momente, die mehr Einsicht gebracht haben, als das viele Zeugs, was ich in den Medien gelesen habe.

Kurz und gut: Eine hübsche Podcast-Show, die ich gerne in mein Podcastprogramm integrieren würde.

… aber technisch irgend etwas anderes

Was aber nicht geht. Dieser «Podcast» lässt sich nicht frei abonnieren, sondern nur in der Spotify-App hören. Was dazu führt, dass er nicht in meiner Podcast-App auftaucht. Wenn ich ihn hören will, muss ich aktiv danach suchen. (Mag sein, dass eine neue Folge in der Spotify-App angekündigt wird. Aber die benutze ich für Musik, nicht für Podcasts.) Das macht aus dem Push-Medium ein Pull-Medium. Und führt auch dazu, dass ich all die schönen Funktionen meiner Podcast-App nicht nutzen kann.

Kurz: Es ist grober Unfug, das Podcast zu nennen und in der Spotify-App zu vergraben. Klar, ich kann nachvollziehen, weshalb Spotify das tut: All die Böhmermann-Fans sollen, um die Sendung zu hören, sich die Spotify-App besorgen und an das Musikangebot herangeführt werden. Aber das ginge genauso über eine frei zugängliche Version, bei der hinten oder vorn noch ein kleiner, dezenter Spotify-Werbespot angeflanscht ist.

Amazon spielt das gleiche Spielchen

Nicht nur Spotify, sondern auch Amazon betreibt dieses Spielchen mit den Podcasts. Bei Amazon ist der geschätzte Holger Klein, zusammen mit seiner Lebenspartnerin Katrin Roenicke an Bord. «Die Wochendämmerung» heisst ihre Show und bietet einen Wochenrückblick. Mit der bin ich noch nicht so ganz warm geworden. Aber ich werde gern nochmals reinhören, nachdem sie sich eingegroovt hat.

Auch bei Amazon hört man die Sendung nur auf der Amazon-Plattform und nicht in seiner Podcast-App. Sie ist zwar gratis, was aber wie gesagt nicht das eigentliche Problem ist. Bleibt noch die Frage: Würde ich so einen Pseudopodcast für Amazon oder Spotify machen? Hölle ja, wenn das Geld stimmt! Angebote bitte übers Kontaktformular!

2 Kommentare zu «Die Plattformisierung der Podcasts»

  1. 1. F&F ist gratis hörbar, nicht mal mit Werbespot, …und Musik hab ich noch keine Sekunde auf Spotydings gehört.
    2. Wochendämmerung ist schon seit längerem auch ohne Amazon hörbar. wochendaemmerung.de
    3. hast leider Recht mit dem restlichen Text.

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