Geld, das virtuelle Wesen

Die Folge «Vollgeld, Inflation und Kryptowährungen» des Omega-Tau-Podcasts ist besonders empfehlenswert, weil Gesprächsgast Banker Thomas Mayer es schafft, verständlich und spannend zu erklären, wie monetäre Zahlungsmittel eigentlich funktionieren.

Der Omega-Tau-Podcast war hier schon öfters Thema: Zweimal nebenbei (hier und hier) und einmal hauptsächlich (nämlich hier).

Sie sind Teil einer grossen Familie, von denen die meisten Familienmitglieder nur als Datensatz existieren. (Bild: Tekke/Flickr.com, CC BY-ND 2.0)

Ich komme nun gerne auf diesen Podcast zurück, um euch die Folge Vollgeld, Inflation und Kryptowährungen speziell ans Herz zu legen. Der Titel ist eher abschreckend – ich hätte den salopper und zugänglicher formuliert. Aber ihr habt ja nun mich, der euch sagt, dass ihr die Folge trotzdem hören sollt.

Thomas Mayer gibt Auskunft zum lieben Geld. Und zwar so, dass auch Leute wie ich das kapieren. (Ich bin als ehemaliger Wirtschaftsgymnasiast zwar nicht völlig unbeleckt, aber auch nicht wirklich auf dem neuesten Stand.)

Als Erstes räumt Mayer, der u.a. für Goldman Sachs und die Deutschen Bank gearbeitet hat, mit einer alten Mär auf. Die Mär (die, falls ich mich recht erinnere, auch an besagtem Wirtschaftsgymnasium gelehrt wurde) lautet, dass Banken ihre Kredite mit dem Geld bestreiten, das sie von uns Kleinsparern erhalten haben. Das wird behauptet, weil es so schön vernünftig und haushälterisch klingt, aber was wir eigentlich haben, ist ein Schuldgeldsystem. (Warum gibt es dazu eigentlich keinen Wikipedia-Beitrag? Ich muss deswegen hier nämlich den Beitrag Kredittheorie verlinken. Der allerdings auch nicht das ist, was man leicht verständlich nennen würde.)

Schuldgeldsystem: Geld aus dem Nichts

Das Schuldgeldsystem. Die Banken erzeugen Geld aus dem Nichts. Es besteht aus Buchgeld und wird bei der Kreditvergabe geschöpft, indem der Kreditberater einen Kredit gewährt und das Geld auf dem Konto des Kreditnehmers verbucht. Dass Banken auf diese Weise nicht unendlich viel Geld erzeugen, liegt daran, dass sie durch ihr Eigenkapital limitiert ist. Ein Teil des Kredits, z.B. zehn Prozent, muss durch Eigenkapital der Bank gedeckt sein. Wie gross dieser Teil ist, wird politisch bzw. durch die National- oder Zentralbank festgelegt. Das nennt sich auch öffentlich-private Geldschöpfung.

Mayer erklärt im Podcast anschaulich, was die Vorteile dieses Systems sind: Es lässt sich nämlich die immer grössere Produktivität auffangen. Es sei ein System wie auf Doping, das dann auch zum Absturz neigt, wie wir das bei der Bankenkrise 2008 erlebt haben. Ein System, das nun durch immer tiefere Zinsen und sogar Negativzinsen wieder auf den rechten Weg zurückgeführt werden soll. Was offensichtlich nicht funktioniert, wie der Umstand zeigt, dass es die Fed 2015 nicht geschafft hat, die Zinsen markant anzuheben.

Der Nachteil von diesem System ist, dass es im Interesse der meisten (nur nicht von uns Kleinsparern) liegt, wenn es eine Inflation gibt. Das sorgt dafür, dass die so geschaffenen Kredite auch wieder zurückbezahlt werden können, weil sie real betrachtet immer kleiner werden. Mayer zeigt sich im Podcast überzeugt davon, dass es einen Systemwechsel braucht. Er stellt zwei Varianten zur Debatte:

1) Gelschöpfung durch Zentralbanken

Sie legt anhand Beobachtungen des Marktes und eventuell auch einer politischen Vorgabe fest, wie viel Geld jedes Jahr neu geschaffen werden soll. Dieses Geld wird dann in den Markt gebracht, zum Beispiel, indem man jedem Staatsangehörigen seinen Anteil davon auszahlt. In der Schweiz ist die Vollgeld-Initiative unterwegs, die im Podcast mehrfach Erwähnung fand und die fordert, dass nur die Nationalbank Geld herstellt – so, wie die meisten glauben, dass es heute schon der Fall sei.

Das nennt sich dann Aktiv- oder auch Vollgeldsystem.

2) private Geldschöpfung, mit Abschaffung des Geldmonopols

Weg mit dem staatlichen Geldmonopol? Das klingt für uns erst einmal völlig schräg und wäre auch lange überhaupt nicht infrage gekommen – denn wer will schon diverse Geldbeutel mit sich herumtragen, um in jedem Laden für das genutzte monetäre Subsystem gerüstet zu sein? Im digitalen Zeitalter ist es allerdings kein so grosses Problem – denn eine App auf dem Smartphone könnte die Umrechnung zwischen (Meyers Beispiele) den «Paypal-Coins», «Amazon-Coins» oder «Apple-Coins» schnell und automatisch durchführen.

Meyer sagt zwar, dass er seinen Kunden (er berät heute Kunden, die ihr Geld robust bzw. «non-fragil» anlegen möchten) Bitcoins heute noch nicht empfehlen würde. Aber ich habe herausgehört, dass er sehr gerne miterleben würde, wie sich so ein System mit konkurrenzierenden Währungen entwickeln würde, bei denen zum Beispiel die Bitcoins mit anderen Zahlungsmitteln gleichgestellt wäre. Bei Bitcoins wächst die Geldmenge zwar, aber in einem bereits von Anfang an festgelegten Mass.

Also: Danke für diesen Podcast – und ein kleines bisschen Medienschelte: Wie kann das sein, dass ich das bislang nicht in der gleichen schlüssigen Form von einem «richtigen» Medium erfahren habe?

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