Warum MyPrime nicht mit Netflix mithalten kann

Kann der Streamingdienst des Kabelnetzbetreibers dem globalen Branchenprimus die Stirn bieten? Nein, aber es gäbe Steigerungsmöglichkeiten.

Wir leisten uns in diesem Haushalt den absurden Luxus von zwei Flatrate-Streamingdiensten. Netflix zum einen, MyPrime zum anderen. Diese Überversorgung ist mehr zufällig entstanden: Netflix musste ich aus beruflichen Gründen kennenlernen und habe mich dann privat daran gewöhnt. Und MyPrime ist Teil meines UPC-Abos, zu dem ich gekommen bin wie die Jungfrau zum Kind.

Links: Die gleiche Serie x-mal im Katalog. Rechts: No Airplay for you!

Immerhin werde ich so in die Lage versetzt, die beiden Dienste zu vergleichen. Und um gleich mit dem Fazit anzufangen: MyPrime unterliegt Netflix auf der ganzen Linie. Das ist zu einem gewissen Grad natürlich unvermeidlich: Netflix ist das, was man neudeutsch einen Global Player¹ nennt. Netflix stellt eigene Produktionen her, die sich sehen lassen können. Netflix ist dem Streaming voll und ganz verpflichtet: «Our core strategy is to grow our streaming subscription business domestically and globally»².

Bei der UPC ist das Flatrate-Streaming ein Angebot unter vielen. MyPrime wurde im August 2014 als Reaktion aus dem Boden gestampft, dass Netflix in die Schweiz kommt³. Und auch wenn auch die UPC Eigenproduktionen für MyPrime plant und das Angebot auch im Vergleich zur Konkurrenz gar nicht so schlecht ist, lässt es sich nicht verhehlen, dass MyPrime lieblos und ohne viel Inspiration zusammengeschustert wurde.

Nachlässigkeit…

Die Navigation ist unübersichtlich. Beispiel Serien: Wenn man sich den Katalog ansieht, findet man Serien wie «The Tudors», «Twin Peaks» oder «Star Trek» in x-facher Ausführung. Das liegt daran, dass jede Staffel separat aufgeführt ist und das meist sogar doppelt, nämlich in Französisch und Deutsch. Bei wenigen Titeln ist auch Italienisch mit dabei. Ist das nun Nachlässigkeit oder will UPC auf diese Weise das Sortiment grösser erscheinen lassen, als es in der Tat ist? Netflix macht es richtig: Dort findet man einen Eintrag pro Serie. Die Staffeln stehen dann zur Wahl, nachdem man eine Serie selektiert hat. Bei Netflix sieht man auch immer gleich, was man als letztes konsumiert hat. Wenn man MyPrime über die Horizon-Box nutzt, dann gibt es dort weder Merkliste noch eine Übersicht der zuletzt geschauten Titel: Man muss sich somit durchs Menü quälen, um wieder dort hinzukommen, wo man aufgehört hat.

Bei der Horizon-App ist das ein bisschen komfortabler. Dafür spielt die App manche Titel nicht in Deutsch, sondern in Englisch – ohne dass es die Möglichkeit gäbe, die Sprache zu wechseln. Ich kann damit leben, da ich Serien gerne in der Originalsprache schaue. Aber wenn jemand mit Englisch nicht sattelfest ist, dann ist das mehr als lästig. Und wenn die Funktion der Sprachwahl vernünftig implementiert wäre und Deutsch, Französisch und Englisch umfassen würde, dann wäre es auch nicht nötig, Inhalte in mehreren Sprachversionen im Katalog zu führen.

… oder Inkompetenz?

Gut, dafür liegen die Gründe vielleicht bei den Inhaltsanbietern. (Allerdings ist auch Netflix auf die Inhaltsanbieter angewiesen.) Manche Dinge sind aber unzweifelhaft auf die Inkompetenz der UPC zurückzuführen:

Sieger nach Punkten: Netflix!

Bei der Sitcom The Millers, von der die erste Staffel bei MyPrime verfügbar ist, sind die Folgen falsch angeschrieben. Folge zwei zum Beispiel betitelt UPC mit «Alter Krempel». Das wäre die Folge 6. Wenn man sie sich ansieht, bekommt man die Folge «Kontrollfreaks» zu sehen, was laut Wikipedia auch tatsächlich die zweite Folge ist. Da einem die Box nicht mitteilt, welche Folgen man schon angeschaut hat, verliert man völlig die Übersicht, wenn man anhand von Titel und Beschreibung herausfinden will, wo es weitergeht. Ich wage die Behauptung: Wenn die UPC-Leute ihren eigenen Dienst nutzen würden, dann wäre ihnen das aufgefallen. Aber wahrscheinlich schauen auch die alle Netflix. Sieht man eine Serie über die App, dann wechselt die nach dem Ende einer Folge automatisch zur nächsten, so wie es Netflix auch tut. Aber anders als Netflix schneidet die Horizon-App gelegentlich die Schlusspointe einer Sitcom ab.

Und wo wir bei den Ärgerlichkeiten sind: UPC verweigert dem Abonnenten die Nutzung von Airplay. Selbst wenn man nur den Ton auf einen externen Lautsprecher bringen will (zum Beispiel den Musikkübel), dann motzt die App: «Die Wiedergabe über Airplay ist nicht möglich.»

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