Zum Glück gibt es Quark noch

Design Pad ist eine schöne App für layouterische Arbeiten am Tablet – und ein Beweis dafür, wie wichtig Aus­wahl­mög­lich­keiten für uns Nutzer sind.

Im Beitrag Gestalterische Fingerakrobatik hatte ich die schöne App Comp CC von Adobe vorgestellt, mit der sich Layouts am Tablet erstellen lassen und zwar einfach, indem man Bild- und Textrahmen ins Dokument zeichnet. Neulich habe ich mir überlegt, ob die App ein Tipp fürs breite Publikum wäre. Die Erkenntnis: Sie ist es leider nicht. Und zwar einzig aus dem Grund, dass es keine vernünftige Exportmöglichkeit gibt.

Es ist nicht möglich, die gestalteten Drucksachen als PDF aus der App zu bekommen. Das einzige, was Adobe einem gibt, ist ein grob aufgelöstes Bild. Das ist selbst für den Heimdrucker unbrauchbar. Adobe sieht für eine qualitativ akzeptable Ausgabe nur den Weg über eine Anwendung der Creative Suite vor.

Adobe Comp wäre toll, wenn man die App ohne CC nutzen könnte

Man benötigt somit InDesign, Illustrator oder Photoshop in einer Mietversion bzw. ein Abo für die Creative Cloud (CC) von Adobe, um mit der App etwas anfangen zu können. Womit Adobe Comp als Empfehlung fürs breite Publikum leider gestorben ist.

Layouten am iPad – und es kommt kein Quark dabei heraus.

Aber zum Glück ist Adobe noch nicht Alleinherrscher über die Welt des professionellen und semiprofessionellen Publishings. Da gibt es nach wie vor auch noch QuarkXPress. Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Das war zu PageMaker-Zeiten ein ernstzunehmender Konkurrent. Mit InDesign hat sich das Blatt gewendet und Adobe hat seine Übermacht ausgebaut. Was dem Anwender den Entscheid für ein Publishing-Produkt einfacher macht. Was aber nicht gut ist – denn die Qual der Wahl zu haben, ist letztlich ein Privileg.

Von QuarkXPress kommt die App Design Pad. Sie ist kostenlos im App Store erhältlich. Als In-App-Kauf ist das Pro Feature Pack für zehn Franken erhältlich, das die App mit der Fähigkeit ausstattet, die Layouts als qualitativ hochwertige PDFs freizugeben und z.B. bei Dropbox hochzuladen.

Publikationen mit Format

Um mit einer Publikation zu starten, klickt man auf der Seite mit den vorhandenen Dokumenten aufs Plus-Symbol. Es erscheint eine Übersicht mit Vorlagen für diverse Dokumente: Banner, Datenblatt, Flyer, Grusskarte, Briefbogen, Newsletter, Postkarte und Poster. Unter Grösse wählt man das Seitenformat. Standardmässig sind die US-amerikanischen Formate wie Letter und Half-fold eingestellt. Man kann aber auch zu den europäischen Formaten wechseln oder manuell ein Format einstellen.

Unter Layout passt man die Vorlage parametrisch an: Man kann Ränder verkleinern und vergrössern, Abstände zwischen Spalten anpassen, Rahmengrössen für Titel und Legenden verändern und sogar die Platzierung der Bildlegenden modifizieren – und die beispielsweise ober- oder unterhalb des Bildes freigestellt oder überlagernd anordnen. Seine Layoutvoreinstellungen kann man für spätere Wiederverwendung speichern.

Die Auswahl der Vorlagen…

Mit diesen Anpassungsmöglichkeiten kommt man schon sehr weit, ohne dass man manuell in die Gestaltung eingreifen müsste. Wenn man damit fertig ist, tippt man rechts oben auf Inhalte hinzufügen. Man kann den Rahmen Tags wie Foto, Logo und Background verleihen. Was diese bewirken, ist mir bislang nicht aufgegangen, aber ich kann mir vorstellen, dass das für eine Weiterverarbeitung als QXP-Datei sinnvoll ist – das Layout lässt sich nämlich auch Projektdatei für QuarkXPress weitergeben und am Desktop verfeinern.

Das Layoutgerüst füllt man nun mit Inhalten. Dazu tippt man die Rahmen an, worauf rundherum Befehlsschaltflächen als grüne Kreise erscheinen. Bei Bildboxen wählt man über das Blumensymbol ein Foto vom Gerät, das in den Rahmen eingefüllt wird. Über das Wolkensymbol greift man auf lizenzfreie Fotos aus dem Web zu. Über weitere Befehlsschaltflächen verändert man die Deckkraft, Rahmenattribute wie Konturdicke, -farbe und Hintergrund, und man kann an dieser Stelle den Rahmen auch drehen und mit einem Schlagschatten ausstatten.

Und wie man sich das von QuarkXPress und InDesign gewohnt ist: Es ist auch möglich, einen rechteckigen Rahmen in ein Polygon, einen Kreis, ein Oval oder eine Schlangenlinie umzuwandeln oder die Ecken abzurunden oder mit einem komplexen Eckeneffekt auszustatten. Es ist sogar möglich, den Rahmen mit einem Schlagschatten auszustatten. Das einzige, was mir an dieser Stelle fehlt, ist die Möglichkeit, Textverdrängung (Konturenführung) einzurichten.

Rahmenarbeiten

Bei Textrahmen stehen einem die Befehle zur Anpassung von Kontur und Rahmenausstattung und -geometrie ebenfalls zur Verfügung. Die textspezifischen Features erlauben es einem, den Text mit einem Absatzstil auszustatten, wobei die Stile manuell angepasst werden können. Auch Direktformatierungen sind möglich. Obendrein gibt es die so genannten Pattern: Mit denen weist man häufige Formatierungsmuster wie Titel–Fliesstext, Titel–Unterzeile–Fliesstext, Fliesstext–Aufzählung, etc. zu.

… die sich über vielerlei Parameter anpassen lassen.

Die Rahmen lassen sich zu guter Letzt auch manuell per Finger anpassen: Dazu schiebt man sie herum, vergrössert oder verkleinert sie oder ändert sie in der Form. Über das Steuerungsinstrument in der rechten unteren Ecke kann man das markierte Element auch um kleine Einheiten schieben und drehen. Es ist an dieser Stelle auch möglich, Elemente zu duplizieren, sie nach hinten oder vorn zu rücken, zu löschen und zu sperren.

Fazit: Eine wirklich gelungene App, die optisch zwar etwas bieder daherkommt, mit der man aber bestens arbeiten kann. Sie ist nicht so prätenziös wie Adobe Comp mit der durchdachten Zeichenfunktion. Aber für Gelegenheitsanwender bestens geeignet – und darum eine echte Empfehlung!

Kommentar verfassen