Ein Weltraumschwank von shakespearschem Ausmass

Scott Meyer mit «Master of Formalities»: Nicht ganz so packend wie die tolle «Magic 2.0»-Serie, aber trotzdem eine Empfehlung für Leute, die humorvolle Sciencefiction-Geschichten mögen.

Scott Meyer ist der Urheber der Fantasy-Serie «Magic 2.0», die bisher drei Bücher umfasst, wovon jedes einzelne hier im Blog vorgestellt wurde (1, 2, 3).

Nun ist mit Master of Formalities ein neuer Titel von Scott Meyer erhältlich, der nicht im Universum von Martin, Philip, Gwen und Jimmy spielt, sondern einen neuen, aber ebenfalls serienträchtigen Handlungsstrang etabliert. Bevor ich auf die Handlung eingehe, hier das Fazit:

Wer sagt denn, dass Konflikte im Weltraum immer ernst und getragen vorgetragen werden müssen?

Scott Meyer ist im Bereich der Fantasy- und Sciencefiction-Literatur eine wohltuende Ausnahmeerscheinung: Er schreibt nämlich keine todernsten Geschichten, in denen es ums Überleben der Menschheit, um den Kampf gegen Ausserirdische oder Weltraumseuchen geht. Nein, er ist der Humorist in diesem Genre. Natürlich, Konflikte und Bedrohungen gibt es auch in seinen Geschichten – das ist schliesslich eine dramaturgische Notwendigkeit. Aber sein Metier sind nicht die düsteren, dystopischen Szenarien, sondern die heiteren und humorvollen. Das ist in der «Magie 2.0»-Reihe der Fall und bei «Master of Formalities» nicht anders.

Dieses neue Buch – das bislang leider nicht in Deutsch vorliegt – ist sogar so etwas wie ein Weltraumschwank. Mir ist auch der Vergleich mit Viel Lärm um nichts eingefallen. Natürlich, Shakespeare-Experten werden dem lauthals widersprechen, und es gibt in der Geschichte auch keine Frau in Männerkleidung… hm, wobei, eigentlich doch: Es gibt nämlich die zu heiratende Schwester in einer ramponierten Kampfmontur.

Eine Liebesfalle und zwei verfeindete Familien

Jedenfalls – in der Geschichte kommen eine Hochzeit, eine Art Liebesfalle und zwei Familien vor, die sich nicht grün sind, und das ist Shakespeare genug. Die Geschichte kommt etwas träg in Gang, ist dann aber sehr vergnüglich und hat einen überzeugenden Showdown. Das Figurenpanoptikum hat mir gut gefallen und das Setting überzeugt ebenfalls. Und die Darbietung von Luke Daniels, der das englische Hörbuch liest, ist einfach grossartig.

Kurz zu der Geschichte: Die Handlung spielt auf dem vom Herrschergeschlecht Jakabitus dominierten Planeten, wo sich Tausende Jahre nach dem Exodus von der Erde Menschen angesiedelt haben. Die Menschen haben sich in der ganzen Galaxie verteilt, denn weit und breit waren keine Ausserirdische aufzufinden. Damit das Leben im All seine Ordnung hat, gibt es die Arbiters (Schlichter).

Sie entsenden einen Master of Formalities zu jedem Planeten, den sie als zivilisiert erachten – und zivilisiert sind grundsätzlich diejenigen Planeten, die sich den Regeln der Arbiters unterwerfen und einen Master of Formalities engangieren. Dieser Herr über die Formalitäten kümmert sich um die Abwicklung der diplomatischen Beziehungen und lässt die herrschende Klasse ungefragt ihrer Ratschläge zuteilwerden. Sie sind eine Art graue Eminenzen, aber auch einem sehr klaren Regelwerk verpflichtet. Eine kleine Verletzung dieser Regeln hat die sofortige Abberufung zur Folge.

Der Master of Formalities von Jakabitus heisst Enter Wollard und nimmt seine Aufgaben, zu denen auch die Schulung seines Protegés gehört, sehr ernst. Am Hof der Jakabitus, wo eine Matriarchin regiert, hat alles seine Ordnung – es gibt Hausangestellte und Küchenpersonal, obwohl der technische Fortschritt eine Art Replikator hervorgebracht hat, der eine Küche eigentlich überflüssig machen würde. Aber von Hand gekochtes Essen ist eine gute Möglichkeit, sich von den Untertanen abzuheben.

Es gibt auf dem Planeten auch einen seltsamen Nationalsport, der «Sports» heisst. Der Sohn des Hauses, Rayzo, hat die Hauptaufgabe, sich in diesem Sport zu bewähren. Das fällt ihm leider nicht so leicht, und dass sein Vater nichts anderes zu tun hat, als ihn bei den Wettkämpfen anzufeuern, macht die Sache nicht einfacher.

Die Hahn vom Planeten Hahn

Das angenehme Leben gerät in Aufruhr, als Hennik Hahn in Gefangenschaft gerät. Das ist der Sohn der Herrscherfamilie Hahn vom Planeten Hahn, mit dem die Jakabituses seit Generationen im Krieg stehen. Der Master of Formalities rät nun dazu, diesen Sohn nicht etwa umzubringen oder zum Austausch von Geiseln zu benutzen, sondern zu adoptieren – als Akt der Grösse und der Dominanz.

Diese Idee wäre gut, wenn Hennik nicht so ein Kotzbrocken wäre. Auf der Hahn-Homeworld werden unangenehme Charakterzüge kultiviert, die beim Herrscher zu maximaler Antipathie kulminieren. Die Hahn haben – das merkt man schon am Namen, einen leicht teutonischen Einschlag. Deutschfeindlich ist die Charakterisierung nicht. Aber man muss als Deutscher eine gewisse Fähigkeit zur Selbstironie mitbringen.

Der Plot umfasst eine Intrige, um den beiden Planeten den Frieden zu bringen – und vor allem einen dritten Planeten in Ruhe zu lassen, den die Hahn und die Jakabituses als Schlachtfeld auserkoren haben. Diese Intrige beinhaltet eine Zwangsheirat, die den armen und etwas unbedarften Rayzo mit der Schwester von Hennik vermählen soll, die den unheilvollen Übernamen «The Pig» trägt und in der Kampfmontur zur Hochzeit antritt.

Das kann heiter werden… und es wird, so viel sei verraten, auch heiter!

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