Lara rennt

«Lara Croft: Relic Run» im Test: Das Spiel aus der Kategorie der «Temple-Run»-Klonen ist am Anfang frustrierend, macht aber mit zunehmender Übung eine Menge Spass.

Lara Croft: Relic Run (Apple App Store/Android) gehört in die Kategorie der «Temple-Run»-Klone. Das Spiel fühlt sich so nach «Temple Run 2» (Jogging für Gehfaule) und «Temple Run: Oz» an (Endloshetze über die Yellow Brick Road), dass ich tatsächlich dachte, der neue Titel stamme ebenfalls von Imangi Studios.

Aber das ist ein Irrtum. Hinter der Wiederauferstehung von Lara Croft als Endless-Runnerin steht Square Enix Inc, einer japanischen Spieleschmiede, die laut Wikipedia nicht nur die Rechte an Tomb Raider besitzt, sondern der Welt auch Hitman und Deus Ex geschenkt hat.

Und jetzt eben: Lara Croft. Die Idee ist bestechend, weil sie nahtlos an den Indiana-Jones-artigen Helden aus «Temple Run» anschliesst, mit Dschungel und alten Ruinen grossartige Kulissen für die Games garantiert und weibliche Helden beim männlichen Pubikum gut ankommen. (Zumal Frau Croft auch in diesem Abenteuer ihr obligates Tank-Top trägt).

Das Klonen ist nicht sonderlich charmant, aber legitim

Nun kann man geteilter Meinung darüber sein, wie anständig es ist, eine Idee eins zu eins abzukupfern. Ich habe mich neulich im Beitrag Segas Copyfail zu «Sonic Dash» schon darüber ausgelassen: Ich halte es nicht für sonderlich charmant, aber legitim. Aus der (egoistischen) Sicht von mir als Spieler zählt nur der Spass, der ein Titel macht – und wenn ein Klon einer lieb gewonnenen Spielidee neues Leben einhaucht, dann ist mir das allemal recht.

Über den Graben kommt man nur der Wand entlang (links). Zwischendurch ist Lara auch motorisiert unterwegs.

Und das tut «Relic Run» durchaus. Das Spiel lässt einen durch den Dschungel rennen, Münzen aufsammeln, Hindernissen ausweichen, so wie wir Endless-Runner-Fans das mögen. Die Grafik ist einwandfrei, die Landschaft abwechslungsreich; es gibt zwischendurch auch echsenartige Gegner abzuknallen, eine Piste mit Geländefahrzeug zu bewältigen oder in waagrechter Position an einer Felswand entlangzurennen.

Und irgendwann bekommt man es sogar mit einem T-Rex zu tun. Die Power-Ups und Aufrüstmöglichkeiten sind vertraut: Die Anlehnung an «Temple Run» geht so weit, dass es sogar das Update gibt, mit dem man nach kürzerer Distanz anstelle der Kupfermünzen die wertvolleren Silber- und Goldmünzen aufsammeln kann.

Es gibt allerdings auch Unterschiede: Der wichtigste ist der Schwierigkeitsgrad. «Relic Run» ist anfänglich verflixt schwer. Die Hindernisse tauchen so unvermittelt auf, dass man erst x-mal dagegen rennt, bevor man sie sich so weit eingeprägt hat, dass man sie innert nützlicher Frist erkennt.

Wie bei «Minion Rush», «Temple Run» und anderen Vertretern des Genres hat man bei seinem Lauf drei Spuren zur Auswahl, zwischen denen man fleissig wechselt, um den Hindernissen auszuweichen. Bei den anderen Titeln ist immer klar zu erkennen, auf welcher Spur man sich befindet. Bei «Relic Run» ist das nicht der Fall. Hier kann es passieren, dass man vergeblich versucht, nach links auszuweichen – ohne zu merken, dass man sich schon in der ganz linken Spur befindet.

Frust am Anfang

Das macht den Anfang etwas frustrierend. Hinzu kommt, dass die Steuerung ihre Mängel hat. Bei «Temple Run» passiert es nach meinem Empfinden viel seltener, dass man in ein Hindernis rennt, obwohl man hätte schwören können, noch rechtzeitig gehüpft, gerollt oder ausgewichen zu sein.

Bei «Relic Run» ist mir das öfters passiert (bei «Minion Rush» ebenso) – und das ist sehr ärgerlich. Ausserdem muss man sich eine neue Ausweichmethode aneignen. Nebst dem Springen, Ducken und Spurwechseln gibt es die Möglichkeit, horizontal an Wänden entlangzulaufen. Dazu wischt man auf dem Display mehrfach nach rechts oder links.

Es braucht für dieses Spiel mehr Training als für die anderen Vertreter des Genres – daher würde ich es nur den fortgeschrittenen Endless-Runner-Fans empfehlen. Doch für die hat es gerade wegen der neuen Herausforderungen seinen Reiz.

Links: Lara ist in den letzten Jahren kein bisschen gealtert (eher im Gegenteil). Rechts: Echsenmonster wegballern als standesgemässes Intermezzo.

Natürlich gibt es die obligaten In-App-Käufe. Man kann die Münzen anstelle sie aufzusammeln gegen Geld erwerben. Und es gibt die im Spiel nur sehr selten auftauchenden Diamanten zu kaufen. Diese helfen bei der Wiederbelebung. Sie sind aber auch dazu da, nebst dem Standard-Lauf durch den «Jungle Temple» die «Desert Ruins» und den für später geplanten «Mountain Pass» freizuschalten.

Das kostet 500 Diamanten¹. Die kann man sich erspielen, was allerdings dauert. (Während einer Woche habe ich 39 Diamanten erarbeitet.) Man kann sich die notwendigen Diamanten auch kaufen, wobei man für 600 Diamanten 5 Franken hinlegen müsste. Für neue Levels oder Spielumgebungen halte ich In-App-Käufe für okay und 5 Franken für eine neue Spielwelt ist fair. Man kann auch (soweit ich das bis jetzt beurteilen kann) auch ohne gekaufte Diamanten Fortschritte erzielen und beim Spielspass auf seine Rechnung kommen kann.

Mit den erspielten Münzen rüstet man Lara auf, kauft ihr eine Kevlarweste, einen Tarnanzug oder Stahlkappenschuhe, rüstet ihr Waffenarsenal auf und verbessert die Power-Ups wie den Münzmagnet oder den Munitionsvorrat. Eine Spezialität ist auch die Aufzeichnungsmöglichkeit der Läufe via Everyplay. Mit dieser ist das obige Screenvideo eines meiner Läufe entstanden. Die Aufzeichnung lässt sich in den Optionen abschalten.

Hier der zweite Teil der Videobesprechung: Der Lauf durch die Wüste.

Fussnoten

1) Update vom 8.6.2015: Man kann die Wüstenstadt auch freispielen, indem man genügend Reliquien findet. Ich habe das gestern Abend mit intensivem, aber nicht übermässigem Aufwand und ohne Geld auszugeben geschafft. Wie der Lauf durch die Wüste aussieht, zeigt das Video oben.

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