Hab mich lieb, du doofer Leser

Es ist ein bisschen peinlich, wenn die Medien um die sozialmediale Zuneigung des Publikums betteln.

Die Pubertät gehört nun nicht zu den allerschönsten Abschnitten des menschlichen Lebens. Es gibt zwar durchaus bemerkenswerte Entdeckungen zu machen, aber man bekommt auch einige Lektionen fürs Leben mit, die nicht unbedingt die reine Freude sind. Eine solche Lektion ist zum Beispiel, dass es nichts bringt, um Liebe zu betteln. Entweder, man wird geliebt. Oder nicht. Und im zweiten, abschlägigen Fall bringt es nichts, Liebe einzufordern. Oder darum zu betteln. Oder sie passiv-aggressiv erstänkern zu wollen.

«Bitte ein Like auf Facebook! Bitte!»

Diese Lektion haben präpubertäre Medien wie blick.ch oder focus.de leider noch nicht gemacht. Sie betteln ungeniert um die Zuneigung des Publikums: «Bitte schenkt uns doch ein Like auf Facebook!» Beziehungsweise, im schönsten Denglisch bei Blick: «Liken Sie Blick auf Facebook!»

Nicht zum Liken: Das deutsche Verb «liken»


Wer das ernsthaft das Wort «liken» als deutsches Verb benutzt und sich Journalist nennt, sollte mit einer Körperstrafe nicht unter zehn Hieben mit der neunschwänzigen Katze bedacht werden. Auch die Gestaltung des Knopfs ist fragwürdig. Wer nicht «liken» will, der hat bloss die Option «Blick gefällt mir bereits, nicht mehr anzeigen» zur Auswahl. Um jedermann die Möglichkeit zu geben, seine wahren Gefühle auszudrücken, fehlt ganz eindeutig der Knopf «Ich bin nur zufällig wegen dieses einen Artikels hier und eigentlich stinkt ihr ganz gewaltig». Ich klicke darum jeweils neutral auf das x rechts oben.

Die Umgarnungsmasche

Focus seinerseits versucht, diese peinliche Bettelaktion als Dienst am Leser zu verkaufen: «Weisst du, wenn du auf ‹Gefällt mir› klickst, dann erhältst du noch mehr von unseren schönen Beiträgen, und das ist es doch, was du möchstest, oder?»

Du möchtest doch sicher noch mehr von dem Zeugs, oder?

Ich habe nichts dagegen, wenn der Facebook-Knopf dezent auf der Seite vorhanden ist, sodass man ihn anklicken kann, wenn man will. Aber dieses In your face ist stillos und spricht dem Leser die Mündigkeit ab, selbst zu entscheiden, was ihm gefällt und was nicht. Dass man ihn für dumm hält, ist nun nicht das, was man als Medium seinen Lesern vermitteln sollte!

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