Ein Versäumnis aus den 90ern ausbügeln

In den 1990er-Jahren habe ich es nie geschafft, das Adventure «Jonathan» zu Ende zu spielen. Klappt das jetzt, vielleicht mit WinUAE, einem Amiga-Emulator für Windows?

Die 1990er-Jahren waren nun nicht wirklich mein Jahrzehnt. Einige Dinge, die ich damals angefangen habe, sind unvollendet geblieben – so auch das Adventure «Jonathan» von Software 2000. Das hatte ich mir damals für DOS gekauft, bin aber mittendrin stecken geblieben. Irgendwo habe ich gelesen, dass die DOS-Variante so buggy war, dass das Gameplay schwerer war als von den Entwicklern beabsichtigt. Und natürlich gab es vor gut zwanzig Jahren auch diese praktischen Komplettlösungen (vulgo: Walkthroughs) noch nicht.

Und hier emuliert es auch schon…

Nun ist mir neulich dieses Versäumnis wieder eingefallen – entweder, weil ich mir wieder diesen Stay-Forever-Podcast angetan hatte. Oder aber, weil sich so langsam die ersten Alzheimer-Symptome bemerkbar machen. (Da soll man ja angeblich Flashbacks in seine Jugend haben.) Wie auch immer – ich habe mich entschieden, zumindest dieses Versäumnis wettzumachen und «Jonathan» durchzuspielen.

Amiga oder DOS?

Dazu braucht man als erstes das Spiel. Das findet man zum Beispiel hier – da ich das Spiel damals gekauft habe, scheint es mir legitim, die Sicherungskopie aus dem Netz zu ziehen. Man findet es allerdings nur in der Amiga-Version.

Das ist einerseits sinnvoll, da die DOS-Version wie erwähnt mangelhaft ist. Andererseits fiel deswegen meine Idee ins Wasser, es auf dem iPad zu spielen (trotzdem mehr zu iDOS 2 hier in diesem Theater). Von einem Amiga-Emulator für iOS ist zwar im Netz die Rede, aber etwas Handfestes ist dabei nicht herausgekommen. Mutmasslich dürfte das weiter unten besprochene ROM-Problem ein Hindernis darstellen, um einen Amiga-Emulator an Apples Zensoren vorbei in den Store zu bekommen.

WinUAE in Betrieb nehmen

Unter Windows greift man zu einem Emulator. Bekannt, beliebt und kostenlos ist WinUAE, manche empfehlen auch das Kaufprogramm Amiga Forever. Ich habe es mit WinUAE probiert und mich für die Inbetriebnahme an Ingos WinUAE-Tutorial gehalten – wobei in meinem Fall der Kurzbeschrieb fast schon ausreichend war.

WinUAE installieren.
ROM-File besorgen¹.
Beispiel-Konfiguration downloaden, und ins Configurations-Verzeichnis kopieren. Dann WinUAE starten und Konfiguration !_NuD laden.
Pfad zum ROM-File (siehe ROM-Einstellungen) anpassen, Konfiguration speichern.
Amiga-Diskette (=ADF-Datei) in DF0: laden (siehe Disketten-Einstellungen) und den virtuellen Amiga mit OK starten; Das Amiga-Programm läuft.
Zurück ins Menü geht es mit F12 (siehe Optionen zur Laufzeit), dort kann man Disketten wechseln (unter Floppies), den Amiga reset-ten oder WinUAE beenden (beides unter Misc.).

Wie erwähnt: Das hat fast schon geholfen, um das Spiel zum Laufen zu bringen. Eine Hürde gab es noch. Beim Zugriff auf die Disketten-Images im IPF-Format erschien eine Fehlermeldung, die mich darüber informierte, dass für dieses Format die entsprechende Bibliothek der Software Preservation Society notwendig sei. Ich habe mir daraufhin von softpres.org/download die Version 4.0 besorgt und die Datei CAPSImg.dll ins Programmverzeichnis von WinUAE gelegt.

Hm… irgendwie war das in meiner Erinnerung doch noch einen Zacken spektakulärer…

Virtuelle Disketten wechseln

An dieser Stelle kann man mit Spielen loslegen. Sinnvoll scheint mir, eine virtuelle Festplatte anzulegen, auf die man das Game von den Disketten installieren kann. So spart man sich den Heckmeck des Wechselns der virtuellen Disketten, und man kann seinen Spielstand komfortabler speichern. Auch dazu gibt es Anleitungen im Netz, zum Beispiel auf amigafuture.de. Ich habe mich für Variante 2 entschieden:

1. Einfach mit Add Directory ein Verzeichnis der Windows-Platte als Amiga-Festplatte einbinden. Alle Dateien, die der Amiga auf diese Festplatte speichert, erscheinen auch als Dateien in diesem Verzeichnis und können auch von Windows gelesen werden.

2. Mit Add Hardfile eine grosse Datei als Festplatte einbinden. Unter New Hardfile die Grösse eingeben und auf Create klicken, um die Datei anzulegen. Anschliessend den Dateinamen unter Path eingeben.

Und nun bleibt nur noch die Frage zu klären, ob sich dieser Aufwand überhaupt lohnt. Es soll ja vorgekommen sein, dass nostalgische Jugenderinnerungen in aufgewärmter Form ihre Faszination komplett verlieren…

Fussnoten

1) Das ist, wie bei der Emulation eines alten Macs, die grosse Hürde. Ohne die ROM-Datei läuft der virtuelle Computer nicht. Die ROMs sind jedoch urheberrechtlich geschützt und dürfen legal nicht per Internet verbreitet werden. Wikipedia schreibt dazu etwas umständlich:

«Der Besitz und die Verwendung von Emulatoren ist grundsätzlich legal. Einige Emulatoren benötigen zum Ausführen der ROMs jedoch das BIOS des jeweiligen Geräts, welche grundsätzlich nicht mit dem Emulator ausgeliefert werden darf. Die Legalität von ROMs bestimmt sich durch entsprechende Regelungen durch Gesetze zum Schutz der Urheberrechte. Sofern ROMs nicht vom Rechteinhaber bezogen werden, sind für die Legalität vor allem die Art und die Umstände relevant, unter denen die Kopie entstanden ist.»

Um den Amiga virtuell zu betreiben, muss man einen besitzen und dort das ROM auslesen, oder man muss zum erwähnten Amiga Forever-Emuluator greifen, der laut amigakickstart.com mit einer lizenzierten ROM-Datei ausgeliefert wird. Meines Erachtens dürfte es so sein, dass jeder jemanden kennt, der einen Kumpel hat, der sich Amiga-Besitzer nennt und einem legalerweise eine ROM-Datei ausleihen kann.

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