Linksrutsch!

Ich habe von Smarvote wieder einmal meine politische Gesinnung als Netzdiagramm aufzeichnen lassen. Und siehe da: Aus einem Linken ist ein noch linkerer geworden.

Meine Smartspider: Hier als Animation, die aus technischen Gründen nur als Link funktioniert.

Ich mache mir seit zwölf Jahren den Spass, die mit Smartvote errechneten Smart-Spiders aufzuheben, übereinanderzulegen und hier zu publizieren (2014, 2011 mit einen Nachzieher und 2007; frühere Smartspider habe ich in ermangelung eines Blogs nicht verbloggt).

Bei früheren Beiträgen habe ich mich jeweils für die Publikation entschuldigt¹. Das tue ich heute nicht mehr. Ich finde mein kleines Experiment aufschlussreich genug, dass ich es hier zur Nachahmung empfehle. Auch wenn man über die Vergleichbarkeit streiten kann², liefert es handfeste Selbsterkenntnisse. In meinem Fall zu einem untypischen Linksrutsch – schliesslich gibt es das schöne Zitat:

Wer in der Jugend nicht links ist, hat kein Herz. Wer im Alter noch links ist, hat keinen Verstand.³

Nun ist es schon so, dass sich auch bei mir gewisse Wohlstandserscheinungen bemerkbar machen, mit denen man zu einer bürgerlicheren und konservativeren Haltung tendiert und einen nach «Ruhe!» und «Ordnung!» schreien lassen. Andererseits läuft das mit dem Kapitalismus in meiner Wahrnehmung derart aus dem Ruder, dass es ein vernünftiger Mensch nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren kann, es sich in der Mitte bequem zu machen. Da sind die Banken, die die Steuerzahler vor sich hertreiben.

Herzlose Bürokraten

Da sind herzlose europäische Bürokraten, die aus Gründen des Investorschutzes ganze Länder in Armut stürzen und einer ganzen Generation die Zukunftsaussichten raubt. Da ist dieser neue Feudalismus, der das Bestreben auf Chancengleichheit unterminiert und eine gigantische Umverteilung nach oben praktiziert. Da ist der technische Fortschritt, der nicht mehr Freiheiten für alle, sondern eine Gefährdung der Bürgerrechte und der Demokratie darstellt. Da ist ein Typ wie Köppel, der neuerdings die Abschaffung der Sozialhilfe fordert.

Nein, keine Angst, ich habe nicht vor, mein Tech-Mäntelchen zu Gunsten eines Politiker-Zweireihers an den Nagel zu hängen. Ich habe keine Ambitionen zum Aktivist, auch wenn ich mich manchmal frage, ob das ein Fehler ist. Andererseits ist eine engagierte Berichterstattung, die ich hoffentlich hier und anderswo biete, auch wichtig.

Die Entwicklung ist klar

Jedenfalls ist die Erkenntnis, dass sich die Veränderungen in meinen politischen Werten exakt in den übereinandergelegten Spider-Bildern erkennen lassen. Sie belegen eine Entwicklung, die ich sonst nicht oder nur in vagerer Form gehabt hätte. Nämlich die, dass man «die Wirtschaft» nicht machen lassen darf, was sie will – und dass es als Gegengewicht zu den verantwortungslosen internationalen Megakonzernen mehr soziale Verantwortung des Staates braucht. Und das ist eine der wenigen Posts in diesem Blog, die mit einem politischen Statement enden…

Fussnoten

1) Weil der Spider Informationen enthält, die für mich relevant, für das Publikum dieses Blogs aber so nützlich wie die vielzitierte Kenntnis des in China umgestürzten Sacks Reis sind, und ich hier zwar gerne Randthemen anspreche, aber trotzdem ein Mindestmass an öffentlichem Interesse voraussetze.

2) Die der Auswertung basiert auf wechselnden Fragebögen – siehe Kommetar bei «Geschrumpfter Spider».

3) Urheberschaft laut sueddeutsche.de unklar.

Kommentar verfassen