Als Google und ich beim Tagi unseren Einstand hatten

Da ich ein halbrundes Berufsjubiläum feiere, schwelge ich ein bisschen in Nostalgie und erinnere mich daran, wie sich die Themen und auch die Art der Berichterstattung in den letzten 15 Jahren verändert haben.

Wie jung manche von uns anno dozumals ausgesehen haben!

Morgen habe ich ein halbrundes Jubiläum, wenn man so sagen kann: 15 Jahre beim Tagi. Im Februar 2000 war meine Premiere. Am Montag, den 21. habe ich die Auftaktgeschichte bestritten. Geschäftstüchtiges Windows hiess sie und drehte sich um das brandneue Windows 2000:

Seit letztem Donnerstag steht der NT-4-Nachfolger unter dem Namen Windows 2000 am Start und bringt die wohlgeordnete Windows-Welt durcheinander. Das neue System strotzt vor NT-untypischen Eigenschaften, die «nur» der Unterhaltung dienen und damit eigentlich in den Hoheitsbereich von Windows 98 fallen würden.


Die wichtigsten Neuerungen waren ActiveX 7, der Ruhezustandsmodus, die Computerverwaltung, Active directory, dynamische Datenträger und die Möglichkeit, die Sprache der Benutzeroberfläche zu wechseln. Ausserdem integrierte Windows 2000 den Internet Explorer in die Shell, was die Stabilität des Systems nachhaltig beeinträchtigen sollte.

Ich war zu freundlich mit Microsoft

Mein damaliges Fazit ist aus heutiger Sicht daher zu positiv ausgefallen: «Ohne dem Marktdruck nachzugeben, hat Microsoft sich viel Zeit für die neue Version gelassen. Das hat sich gelohnt: Windows 2000 ist ein Produkt, das nicht erst mit der ‹Second Edition› Alltagstauglichkeit erlangt.»

Als Google und ich beim Tagi unseren Einstand hatten<br />Morgen habe ich ein halbrundes Jubiläum, wenn man so sagen kann: 15 Jahre beim Tagi. Im Februar 2000 war meine Premiere. Am Montag, den 21 habe ich die Auftaktgeschichte bestritten. «Geschäftstüchtiges Windows» hiess sie und drehte sich um das brandneue Windows 2000:<br />Seit letztem Donnerstag steht der NT-4-Nachfolger unter dem Namen Windows 2000 am Start und bringt die wohlgeordnete Windows-Welt durcheinander. Das neue System strotzt vor NT-untypischen Eigenschaften, die «nur» der Unterhaltung dienen und damit eigentlich in den Hoheitsbereich von Windows 98 fallen würden.<br />Die wichtigsten Neuerungen waren ActiveX 7, der Ruhezustandsmodus, die Computerverwaltung, Active directory, dynamische Datenträger und die Möglichkeit, die Sprache der Benutzeroberfläche zu wechseln. Ausserdem integrierte Windows 2000 den Internet Explorer in die Shell, was die Stabilität des Systems nachhaltig beeinträchtigen sollte. Mein damaliges Fazit ist aus heutiger Sicht daher zu positiv ausgefallen: «Ohne dem Marktdruck nachzugeben, hat Microsoft sich viel Zeit fürs die neue Version gelassen. Das hat sich gelohnt: Windows 2000 ist ein Produkt, das nicht erst mit der ‹Second Edition› Alltagstauglichkeit erlangt.»<br />Nicht nur die Windows-Welt hat sich seither gewandelt. Unser damaliger «Computer»-Bund umfasste vier Seiten. Nebst dem grossen Aufmacherthema gab es eine extra Service- und eine Gadget-Seite1. An der damaligen Ausgabe vom 21. Februar 2000 sind diverse Dinge bemerkenswert: Das an der Macworld Expo von Steve Jobs vorgestellte und ausführlich beschriebene Macbook sieht aus heutiger Sicht aus wie ein Windows-PC. Die Agfa-Kamera CL30 Clik! für 888 Franken als zweite heisse Neuerung jener Ausgabe hatte eine Auflösung von weniger als einem Megapixel (1152×864 Pixel). Ins Auge gestochen ist mir auch ein Leserbrief:<br />Ich habe beim Lesen Ihres Beitrags «Explorer-Suche anpassen» mit Erstaunen festgestellt, dass Sie
Das waren noch Zeiten…

Nicht nur die Windows-Welt hat sich seither gewandelt. Unser damaliger «Computer»-Bund umfasste vier Seiten. Nebst dem grossen Aufmacherthema gab es eine extra Service- und eine Gadget-Seite¹. An der damaligen Ausgabe vom 21. Februar 2000 sind diverse Dinge bemerkenswert: Das an der Macworld Expo von Steve Jobs vorgestellte und ausführlich beschriebene Macbook sieht aus heutiger Sicht aus wie ein Windows-PC. Die Agfa-Kamera CL30 Clik! für 888 Franken als zweite heisse Neuerung jener Ausgabe hatte eine Auflösung von weniger als einem Megapixel (1152×864 Pixel).

«Sie haben Google vergessen!»

Ins Auge gestochen ist mir auch ein Leserbrief:

Ich habe beim Lesen Ihres Beitrags «Explorer-Suche anpassen» mit Erstaunen festgestellt, dass Sie in Ihrer Liste die Adresse der weitaus mächtigsten Suchmaschine nicht angegeben haben: http://www.google.com².

Die Ergebnisse, die diese Maschine erzielt, sprechen für sich. Mit Google gibt es endlich wieder eine Seite, die Ordnung in die explosionsartig anwachsende, ungeordnete Information auf dem Web³ bringt.

Noch nie etwas von Google gehört? – Die erste Erwähnung im Tagesanzeiger.

Dieser Leserbrief war die allererste Erwähnung von Google im Tagesanzeiger. Die Suchmaschine und ich haben gemeinsam unseren Einstand gefeiert. Ab da verliefen unsere Karrieren nicht unbedingt synchron. Google hob ab und ich kriegte es mit dem Medienwandel zu tun.

Kündigungen, neue Anstellungsverhältnisse und immer neue Organisationsstrukturen

Für mich gab es beim Tagi diverse einschneidende Sparrunden, mehrere Kündigungen und neue Anstellungsverhältnisse und ungezählte Reorganisationen: Die Digitalredaktion war in der Zeit erst ein ausgelagertes eigenes Ressort im Mandatsvertrag. Dann waren wir Teil des sechsten Bundes, um der Kultur, bzw. der «Leben»-Redaktion angegliedert zu werden, zu der auch Reisen, Gesellschaft, Akonto, Auto und Technik und Savoir vivre gehörten. Schliesslich landeten wir beim «Wissen»-Ressort, das vor Kurzem mit Wissen und Digital der «Sonntagszeitung» zusammengelegt wurde. Diese Konstellation könnte sich durch den Umbau zur Dreibund-Zeitung demnächst auch wieder ändern.

Wie das so ist in Zeiten des Umbruchs: Es wird einem sicherlich nie langweilig. Das ist positiv, zumal ich dazu neige, mich im normalen Trott etwas wohlzufühlen. Andererseits hätte ich auf den einen oder anderen Aderlass ausnehmend gut verzichten können …

Fussnoten

1) «Gadget» war damals eine ungebräuchliche Bezeichnung. Bei mir sollte es noch einige Zeit dauern, bis mich das Wort an technisches Spielzeug und nicht an den Film «Inspektor Gadget» denken liess. Die Rubrik hiess «Bits & Chips».

2) Internetadressen mit Protokoll und Dienst («http://www…») anzugeben, war damals noch gang und gäbe. Ich denke, die Journalisten hatten Angst, dass etwas kaputtgehen würde, wenn man etwas davon weggelassen hätte.

3) Und ja: Auch der Gebrauch der Präpositionen hatte sich damals nicht gefestigt. Da fand man Dinge nicht im, sondern tatsächlich auf dem Internet.

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