15 Gründe, warum Supportwebsites nerven

Dürftige Informationen, eine unbegreifliche Naviation, Tech-Sprech, den keiner versteht – wer mit den Hilfestellungen der Hersteller und Webanbieter ein Problem lösen muss, ist angesch*ssen.

Ich bewege mich berufsbedingt häufig auf den Supportwebsites der grossen Hersteller. Bei diesen Recherchen für die Kummerbox werde ich mindestens einmal pro Woche mit Umfragen konfrontiert. Da tauchen dann immer die gleichen Fragen auf: Wie fanden Sie den Besuch auf unserer Website? Haben Sie gefunden, was Sie suchen? Würden Sie uns Ihren Freunden weiterempfehlen? Was können wir verbessern?

Der User (Mitte) und die Tech-Giganten. Oder: Katzencontent zieht immer, erst recht, wenn auch Bären dabei sind (Juanedc/Flickr.com, CC BY 2.0).

Ich pflege immer zu antworten, dass ich die Website ganz schrecklich finde – weil die Supportwebsites in aller Regel auch ganz schrecklich sind, und weil die Hersteller auf gar keinen Fall auf die Idee verfallen sollten, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Ich gebe an, dass ich die Produkte nicht weiterempfehlen würde – weil ich das natürlich auch nicht tue, ganz bestimmt nicht in Form eines Blankoschecks. Es könnte sein, dass ich ein einzelnes Produkt gut genug finde, um es zu empfehlen. Aber danach hat ja niemand gefragt.

Und hier, ein für alle Mal (und dass ich in den Feldern mit den freien Anmerkungen einen Beitrag habe, zu dem ich jeweils einfach hinlinken kann), eine Aufstellung mit den Problemen dieser Supportwebsites:

1) Das Informationsangebot ist unvollständig bis dürftig

Ich schätze, dass ich in weniger als einem Drittel der Fälle Informationen finde, die klar zum Problem passen. Nun kann das natürlich daran liegen, dass die Fragesteller bei der Kummerbox die Probleme nicht genau beschreiben. Aber selbstverständlich muss man den Umstand miteinbeziehen, dass ein Anwender das Fachvokabular nicht kennt und nicht unbedingt in der Lage ist, das Problem im Detail zu analysieren. Diesem Umstand sollten die Supportabteilungen mit möglichst breit gehaltenen Artikeln begegnen.

Ein Drucker-Hersteller müsste zu jedem einzelnen Modell den Beitrag «Was tun, wenn der Drucker nicht druckt?» anbieten, der systematisch durch alle möglichen Ursachen führt – vom Treiberproblem über falsche Verkabelung und Software-Inkompatibiliäten bis hin zu Fehlern und Wartungsmöglichkeiten am Gerät.

Und es ist notwendig, dass die Lösungsdatenbanken auch Hinweise für seltene und exotische Fälle enthalten – weil gerade die einen als Kunden in den Wahnsinn treiben können.

2) Das Informationsangebot ist miserabel erschlossen

Typischerweise gibt es eine Suchfunktion, die aber meist nicht ansatzweise an die Qualität herankommt, die man von Google gewohnt ist. Das Problem an der Suchfunktion besteht darin, dass man geschickt suchen muss. Als Hilfesuchender braucht man ein Verständnis für die Terminologie – man muss nicht nur die Fachbegriffe kennen, sondern auch wissen, wie das Unternehmen XY sie verwendet. Kluge Unternehmen fangen dieses Problem ab, indem sie zu den Beiträgen Schlagworte (Tags) erfassen, die auch die Synonyme abdecken.

Es gibt oft auch eine Liste mit den «Top 10»-Lösungen. Die sind völlig unbrauchbar, weil die Bandbreite der Probleme so gross ist, dass auch die häufigsten zehn Probleme nur einen sehr kleinen Anteil der Leute betreffen. Ausnahmen, also Fuck-ups von epischen Ausmassen, bestätigen die Regel.
Also: Es braucht unbedingt ein Inhaltsverzeichnis, also eine strukturierte, d.h. hierarchisch geordnete Übersicht aller Beiträge, über die man zu der richtigen Lösung gelangt. Zum Beispiel: Multifunktionsgerät > Druckfunktion > Papiereinzug > Stau > Unentfernbarer Paperfetzen, der an der Walze klebt.

3) Zu viel Marketinggeschwafel

Wenn ein Absturz stattfindet, dann nennt man das Absturz und nicht «issue» oder «exception». Es gibt kein Unter-den-Teppichkehren und kein Schöngerede. Der Benutzer hat bereits festgestellt, dass ein Problem vorhanden ist. Also wäre eine offene, ehrliche Kommunikation eine vertrauensbildende Massnahme. Wenn einer der Heinis aus der Marketingabteilung das anders sieht, dann weist ihm die Supportabteilung die Tür.

4) Niemand ist schuld, alle spielen Schwarzpeter und keiner will zuständig sein

Schuld sind, wenn etwas nicht funktioniert, immer erst einmal die anderen. Das ist bei den Supportwebsites wie im richtigen Leben. Und klar, wenn der Drucker nicht funktioniert, könnte tatsächlich das Betriebssystem schuld sein. Besonders hässlich wird es, wenn es drei oder mehr Beteiligte gibt – wenn zum Beispiel Anwendungshersteller A, Druckerhersteller B und Betriebssystemhersteller C sich die Schuld in die Schuhe schieben können.

Es nützt dem Kunden aber nichts, wenn der Druckerhersteller dem Kunden in so einem Fall zu verstehen gibt, dass er gefälligst bei Apple oder Microsoft heulen gehen soll. Oder, noch schlimmer, alle diese Fälle erst gar nicht erwähnt. Es hilft nichts: Der Druckerhersteller muss auch in diesen Fällen eine brauchbare Lösung anbieten. Und zwar für alle Versionen aller wichtigen Betriebssysteme. Das allermindeste ist, auf die entsprechenden Beiträge in der Supportdatenbank des fraglichen Herstellers zu verweisen.

5) Die Informationen sind schludrig aufbereitet

Ein paar Screenshots, Schemata oder gar Videos wirken Wunder. Umgekehrt bringen Videos alleine nichts – die sind nicht durchsuchbar und werden nicht gefunden, selbst wenn genau das richtige Stichwort im Video auftauchen würde.

6) Englisch, Englisch über alles

Es ist eine Binsenwahrheit, aber es ist scheinbar notwendig, die hier auszusprechen: Nicht alle Nutzer beherrschen die englische Sprache. Wenn es ein Hersteller das Produkt eines Schweizers, Franzosen oder Isländers nimmt, dann soll er gefälligst auch die Informationen in Deutsch, Französisch und Isländisch anbieten!¹ Klar, ich weiss. Übersetzungen sind teuer und aufwändig, gerade im technischen Bereich. Man braucht nicht nur einen Übersetzer, der sich mit der Materie auskennt – es braucht auch eine hervorragende Dokumentation der mehrsprachigen Produkte.

Denn selbstverständlich kann der Übersetzer eine Fehlermeldung oder einen Menübefehl nicht einfach so übertragen, wie es ihn sinnvoll dünkt. Nein, er muss den genauen Wortlaut verwenden, der in der Fehlermeldung bei der französischen, deutschen oder italienischen Variante erscheint. Falls der Beitrag mit Screenshots oder Schemata illustriert ist, müssen auch diese übersetzt bzw. mit der entsprechenden Sprachversion des Produkts erstellt werden. Die Leute, die gute Handbücher schreiben, die können das – und im Zeitalter des Internets sind die die richtigen, um die Dokumentation zur Fehlerbehebung laufend zu erweitern.

7) Die Infos sind, alt, uralt oder im schlechtesten Fall prähistorisch

Leider scheinen die Supporter nicht ganz begriffen zu haben, dass ein Drucker oder eine Webcam kein Kühlschrank ist. Der Kühlschrank wird hergestellt und eingebaut, seine Dokumentation ist auch zehn Jahre später noch aktuell. Bei Produkten aus der ICT ist das nicht der Fall: Das Umfeld wandelt sich, es gibt neue Programm- und Anwendungsversionen.

Die Schnittstellen ändern sich. Es gibt neue Fehlerquellen in Form von Schadsoftware oder Inkompatibilitäten. Entsprechend braucht es nicht nur aktuelle Treiber, sondern auch eine zeitgemässe Hilfe zur Problembeseitigung.

8) Niemand hat über eine Lebenszyklus-Strategie nachgedacht

Sie besagt, dass ein Kunde genau weiss, wie lange sein Produkt gewartet wird und wann das Ende der Wartung erreicht ist. Microsoft macht das mit seinem Support-Lifecycle vorbildlich: Jedermann weiss auf den Tag genau, wann seine Office- oder Windows-Version ausläuft. Bei vielen anderen Herstellern (Apple) gibt es allenfalls Erfahrungswerte, oder man wird völlig im Dunkeln gelassen. Bei vielen Druckern zum Beispiel muss man anhand von Indizien auf das Ende des Support schliessen. Ein solches Indiz ist beispielsweise, dass man keinen Treiber mehr fürs neue Betriebssystem findet.

9) Leicht auffindbare Kontaktinformationen wären ein Gebot des Anstands

Ich bin immer wieder verblüfft, wie dreist und einfallsreich Tech-Unternehmen die Kontaktinformationen auf ihren Websites tarnen, verstecken und verheimlichen. Dass ja keiner auf die Idee kommt, ein Mail zu schreiben! Ich finde es okay, wenn man die Leute erst einmal dazu bringen möchte, ihr Problem selbst zu lösen. Aber dazu bräuchte es – und nun beisst sich die Katze in den Schwanz – halt gute Hilfsmittel zur Selbsthilfe.

10) Diese vermaledeiten Support-Websites sind unglaublich unübersichtlich!

Was sich aus dem bereits Gesagten unzweifelhaft erschliesst. 😉

11) Reaktionszeiten wie vor zwanzig Jahren

Ich bin immer wieder erschüttert, wie wenig performant diese Supportwebsites sind. Ein Negativbeispiel ist Hewlett-Packard. Egal, ob man auf hp.com bei Support nur klickt oder sucht, es dauert in vielen Fällen zwischen einer halben und einer ganzen Minute, bis etwas passiert – ich habe gestoppt! Das ist unglaublich mühsam, und man sollte meinen, dass ein Unternehmen, das selbst Server herstellt, ein Interesse an einem superperformaten Webauftritt hat!

12) Niemand ist je auf die Idee gekommen aufzuräumen

Auch wenn ein Produkt seit zehn Jahren nicht mehr im Verkauf ist, dürfen die Informationen gern in der Supportdatenbank verbleiben. Apple ist so ein Kandidat – da verschwinden immer wieder Beiträge, auf die ich in meinen Kummerbox-Unterlagen verweise. Warum? Speicherplatz auf dem Server müsst ihr ja hoffentlich nicht sparen, oder?

Ihr könnt gerne zum Beitrag anmerken, dass die Informationen nicht mehr aktualisiert werden. Aber behaltet sie bei – es gibt genügend Leute, die noch mit alten Produkten operieren. Und wenn es nur deswegen ist, weil sie ihr privates Computermuseum betreiben wollen.

13) Links sind überbewertet

Ich verweise in Mails, im Web und in der Zeitung wo immer möglich auf die passenden Beiträge der Hersteller. Informationen aus erster Hand sind nützlich, selbst wenn ich ein Problem abschliessend klären kann. Links sollten zu diesem Zweck aber einigermassen handlich sein – also nicht fünf Kilometer lang, mit einer Million nutzloser Parameter.

Und die Verwendung von Permalinks wäre wirklich, wirklich sinnvoll. Ich habe in meinem Kummerbox-Archiv annähernd 6000 Beiträge mit ungezählten Links. Ich kann die nicht ständig überprüfen und aktualisieren – und es ist weder cool für den Empfänger noch für mich oder euch, wenn ein Link, der zu einem viel versprechenden Supportartikel hätte führen sollen, einfach ins Leere geht.

14) Form follows function? Nie gehört!

Das bedeutet auf die Supportwebsites umgemünzt: Die müssen funktional, einfach zu benutzen und verlässlich sein. Das bedeutet auch, dass nicht alle zwei Monate eine neue Gestaltungs-Sau durchs Dorf getrieben und das ganze Layout umgestossen wird. Statt eines Star-Designers engagiert ihr besser einen Usability-Experten!

15) Wir haben den Durchblick – und darum forulieren wir alles so, dass es keiner versteht

Während es viele Unternehmen bei der Gestaltung übertreiben, sind die Texte oft so trocken und unattraktiv geschrieben, dass man sie kaum lesen mag. Manchmal kommt dazu, dass sie schwer- bis unverständlich sind. Wenn ihr keine Techniker habt, die ansprechend schreiben, dann holt euch doch jemand, der das kann. Es gibt bestimmt Tech-Jornalisten, die für einen (allerdings sehr guten Lohn) den Ghostwriter machen würden!

PS: Für den Titel dieses Beitrags entschuldige ich mich in aller Form. Er ist Linkbaiting von der übelsten Sorte. Aber ich will sehen, ob das wirklich so gut zieht, wie alle immer meinen.

Vielleicht etwas hart formuliert. Aber trotzdem!

Fussnoten

1) Ich bin bereit, bei kleinen Unternehmen eine Ausnahme zu machen. Aber die Weltkonzerne – Microsoft, Apple, Google, HP, Adobe, etc. – stehen in der Pflicht. Und nein, Microsoft, maschinelle Übersetzungen sind kein Ersatz für Humanübersetzungen!

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