Gestrandet auf dem roten Planeten

«The Martian» von Andy Weir: Eine spannende Robinsonade, bei der Astronaut Mark Watney auf dem Mars ums Überleben und um seine Rückkehr zur Erde kämpft.

Auf Empfehlung von Roddi in der Freak Show S131 habe ich mir The Martian von Andy Weir besorgt (Amazon englisch, Amazon Deutsch). Das Buch erzählt die Geschichte von Mark Watney. Er ist Teil der dritten bemannten Marsmission. Als Mitglied einer fünfköpfigen Besatzung ist er Botaniker, der Experimente mit Kartoffeln durchführen soll. Doch nichts läuft, wie es sollte. Ein Sandsturm bricht über die Ares-3-Mission herein. Er reisst eine Übertragungsantenne los, die zu allem Pech Watney trifft und ihn regelrecht aufspiesst. Der Biomonitor des Raumanzugs meldet Exitus. Commander Lewis entscheidet, die Mission abzubrechen und den Mars schnurstracks wieder zu verlassen.

Ein Marskrater. (Allerdings nicht der Schiaparelli-, sondern, in Ermangelung eines hübschen Fotos, der Viktoria-Krater.) (Bild: Wikipedia.org)

Nachdem die Kollegen weg sind, stellt Watney fest, dass er Unglück im Glück im Unglück hatte. Er ist nicht tot – was ein Riesenglück bei diesem Unglück darstellt –, weil sein Blut das Loch im Anzug verstopft hat. Doch gleichzeitig hat er das Riesenpech, allein auf dem Mars zurückgeblieben zu sein. Denn wie das so ist bei diesen interplanetaren Missionen: Die Ressourcen sind extrem beschränkt, sodass die Kollegen mit ihrem Raumfahrzeug, der «Hermes» nicht mal ebenso rechtsumkehrt machen können, um ihn aufzusammeln. Die einzige Hoffnung ist die Ares-4-Mission: Sie wird anderthalb Jahre später im 3200 Kilometer entfernten Schiaparelli-Krater landen. Wenn Watney es schafft, bis dahin zu überleben und von seiner Landestelle, der Tiefebene Acidalia Planitia bis zu diesem Krater zu gelangen, dann bleibt ihm die unrühmliche Ehre erspart, der erste tote Mensch auf dem Mars zu werden.

Mars-beinallein

Die Geschichte spielt aus der Perspektive von Watney, der sich auf dem Mars wiederfindet. Mausbeinallein und ohne jegliche Möglichkeit zur Kommunikation – denn ohne die weggewehte Antenne ist die Erde nicht mehr zu erreichen. Es fehlt auch sonst an allem: An Lebensmitteln, Wasser, an Unterhaltung und an der Möglichkeit, 3200 Kilometer zurückzulegen. Doch Watney ist eben nicht nur Botaniker. Er ist auch ein talentierter Maschinenbauingenieur. Er beginnt, das Habitat nach seinen Bedürfnissen umzubauen und unternimmt alles nur Menschenmögliche, in der feindlichen Umgebung am Leben zu bleiben.

Das ist unterhaltsam, diesen Überlebenskampf zu verfolgen, denn Watney hat nicht nur Erfindergeist, sondern auch einen trockenen Witz, der unter den gegebenen Umständen zu üppigem Galgenhumor gedeiht. Und der Autor, Andy Weir, weiss, wovon er schreibt: Er hat laut sciencefriday.com selbst Astronomie studiert und kennt sich mit Orbitalmechanik und der Geschichte der bemannten Raumfahrt aus. Seine Geschichte ist keine abgehobene Sciencefiction, sondern das, was man in englisch Near Future Scifi nennt. Eine künftige Marsmission könnte sich genauso abspielen. Auch wenn wir Tech- und Weltraumfahrtbegeisterten natürlich hoffen, dass sie ohne Sandstürme oder andere grobe Pannen ablaufen werden.

Technik-Twists

Im Verlauf der Geschichte wechselt die Erzählperspektive zum Nasa-Hauptquartier, wo sich der Leiter der Mars-Operation, Venkat Kapoor, nicht nur den Medien stellen, sondern auch die Rettungsmssion koordinieren muss – soweit die Nasa denn nicht nur zum Zuschauen verdammt ist. Diese Sequenzen sind nicht ganz so stark wie das Missions-Log des einsamen Mark Watney, und vielleicht wäre es spannender gewesen, die ganze Geschichte nur aus seiner Perspektive zu erzählen.

Vielleicht auch nicht – mir hat »The Martian» jedenfalls sehr viel Spass gemacht: Es ist ein Tech-Roman im besten Sinn: Denn vom kleveren Umgang mit seinen Mitteln hängt das Überleben des Protagonisten ab. Es liegt auf der Hand, dass man ein Nerd sein muss, um das zu goutieren – als Nicht-Nerd, der menschliche Interaktionen oder psychologische Twists sucht, wird einem der Handlungsrahmen eines einzelnen Menschen auf seinem Planeten nicht zu packen vermögen.

Ich habe die Geschichte als Hörbuch konsumiert, gelesen von R.C. Bray. Die Lesung ist für einen Audie Award nominiert, und das zu recht: Bray und Watney passen ausgezeichnet zusammen. Und die Marotte des Alex Vogel lasse ich ihnen, dem Sprecher und dem Autor, auch durchgehen: Vogel ist das deutsche Crewmitglied bei Ares 3, das in seinen Sätzen nie «and», sondern immer «und» sagt. Und auch wenn ich schon viele Deutschsprachige seltsames Englisch habe sprechen hören – dieser Ausrutscher war nie dabei.

Trotzdem: Daumen hoch für diese Robinsonade auf dem roten Planeten!

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