Fernsehen über die Wilmaa-Box

Im Test: Die Settopbox von Wilmaa, mit der man Fernsehen via Internet empfängt. Ist das die lange erhoffte Gelegenheit, dem «Signalverlust» der Cablecom zu entrinnen?

Fernsehen übers Internet ist längst keine nur von Nerds betriebene Anomalie mehr, sondern auch für Otto Normaluser eine echte Alternative zum Kabel oder zu DVB-T. Das ist gut so. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Cablecom muss sich ranhalten, um die Kunden zu überzeugen, weswegen sie weiterhin einen Receiver mieten oder den Wohnungsanschluss (der bei immer mehr Vermietern nicht mehr in der Wohnungsmiete inbegriffen ist), weiterhin bezahlen sollen: Ein grösseres Angebot, perfekte Qualität sind unverzichtbar.

Klein und (angeblich) energiesparend.
Weg zum Fernsehglück?


Ich habe die Wilmaa-Box zum Testen erhalten – und zwar justament wieder in einer Phase, wo die Qualität des UPC-Cablecom-Signals nachgelassen hat. Das ist in diesem Haus schon mehrfach vorgekommen und hat jedes Mal längere Telefonate mit dem Kundendienst und Hausbesuche eines Technikers nach sich gezogen. Einmal wurde der Hausverteiler ersetzt (der allerdings erst längere Zeit gesucht werden musste), ein anderes Mal gab es neue Kabel.

«Es scheint kein Signalempfang möglich zu sein»

Dennoch war es mal wieder so weit: Einzelne Sender, darunter etwa der ORF1, waren so gestört, dass man anstelle des Bildes nur Kompressionsartefakte zu sehen bekam. Bei anderen Sendern, wie etwa RTL Nitro, gab es nur die Tafel «Signalverlust».

Der Cablecom-Klassiker in diesem Haushalt.

Da macht man sich schon so seine Gedanken, ob die Wilmaa Box einem Fernsehgenuss mit weniger Ärger ermöglichen würde. Die Box kostet 199 Franken. Man kann sie, anders als beim Webangebot, nicht werbefinanziert betreiben. Daher muss man 29 Franken fürs Abo mit einrechnen – und das unterscheidet sich dann auch nicht mehr gross von der Gebühr von 28.40, die man bei der UPC-Cablecom zahlt.

Preislich wenig attraktiv

So gesehen ist die Preisgestaltung von Wilmaa leider alles andere als kompetitiv – zumal der Kabelanschluss eine deutlich grössere Bitrate liefern muss – die Bildqualität von UPC-Cablecom ist deutlich besser. Wenn man die Box bis zum 3. Mai 2014 bestellt, gibt es ein paar Extras zusätzlich.

Verbindung per Ethernet oder WLAN.
Kein reines Vergnügen: Das WLAN-Passwort über die Fernbediendung einzugeben.
Dann ist, wie könnte es anders sein, ein Update fällig.

Die Installation der Box ist erfreulich unkompliziert. Man hängt sie an den Strom und per HDMI an den Fernseher. Die Verbindung zum Internet ist per Ethernet oder auch per WLAN möglich. Die Verbindung mit dem WLAN-Hotspot erfolgt problemlos. Als erstes lädt die Box ein Update, startet dann neu und nimmt (nach einer allerdings vergleichsweise langen) Wartezeit den Betrieb auf.

Das Aquarium ist inklusive

Eine Anmeldung bei Wilmaa war bei meinem Testmodell nicht nötig. ¹ Das Interface ist deutlich moderner als das meiner UPC-Box. Es reagiert so weit flüssig und es gibt nebst dem Live-Fernsehen auch den Guide von Tele, den allerdings grässlich skeuomorphen Videorekorder, die Übersicht der eigenen Aufnahmen, die Favoriten, das Replay, Teletext, Analog TV (das nach meiner Wahrnehmung in keinster Weise analog ist, sodass mir schleierhaft bleibt, was diese Funktion soll), einen Hilfebereich und obendrein ein virtuelles Aquarium. Das zeigt, wie nicht anders zu erwarten ist, Fische an.

Das Auqarium zeigt… nun ja, halt Fische an.

Mit der Box kommen aus unerfindlichen Gründen zwei Fernbedienungen ². Eine kleine mit einem Steuerkreuz, Ein-/Aus-, Play-/Pause, Return- und Menü-Taste und eine etwas grössere Fernbedienung, die zusätzlich die Lautstärke regelt und Zifferntasten aufweist. Beide Fernbedienungen funktionieren blöderweise mit Knopfbatterien – wo dieser Haushalt doch auf die (hoffentlich) umweltfreundlicheren wiederaufladbaren Akkus umgestellt hat und diese von AAA über AA bis hin zu D bereithält.

Hat Wilmaa niemand gesagt, dass Skeuomorphismus nicht mehr in ist?

Fazit: Cool, dass es noch eine Alternative gibt – ich werde aber doch Anstrengungen unternehmen, mein UPC-Cablecom-Signal wieder sauber hinzukriegen. Zum Plus der Box zähle ich das App-Modell, das noch ausgeweitet werden soll. Die Box hat einen echten Ausschalter und soll im Standby-Betrieb nur wenig Energie konsumieren.

Replay: Hopsen statt spulen

Nützlich ist ausserdem die Replay-Funktion: Man kann über das Icon Verpasste Sendungen auf das Programm der letzten sieben Tage zurückgreifen. Das funktioniert recht gut, auch wenn die Sendungen gerade im Privatfernsehen längst nicht immer pünktlich anfangen und ich bei meinen Tests jeweils erst zu der Anfangsstelle hinspulen musste.

Das Spulen erfolgt bei den gestreamten Aufnahmen nicht so flüssig wie bei den Aufnahmen vom Harddisk-Recorder: Man springt um 60 oder 15 Sekunden und wartet dann ungefähr eine Sekunde, bis das Bild zurückkommt. Sich so an den Anfang der Sendung heranzutasten oder einen Werbeblock auszulassen, ist nicht der Gipfel des Komforts, aber ich denke, dass man damit leben kann.

Die Tipps von Tele, direkt in der Box.
Hüpfen statt Spulen beim Replay-TV.
Nochmals Skeuomorphismus beim Videorecorder.

Fussnoten

1) Es war schon vorab auf einen Presseaccount eingestellt. Die Endkunden werden sich entsprechend anmelden müssen.

2) Dieses Mysterium liess sich mit einem Anruf beim Pressesprecher Michael Loss klären. Die kleinere Fernbedienung ist die ursprüngliche, die beim fertigen Produkt durch die grössere ersetzt wurde. Mehr dazu steht auch in meinem Tagi-Artikel zur Wilmaa-Box.

6 Kommentare zu «Fernsehen über die Wilmaa-Box»

  1. Endlich mal jemand der das Design auch gruselig findet. Ich kann gar nicht glauben, dass ein Schweizer Unternehmen ein so unterirdisch (etwa 3 Meter unter Durchmesserlinie) aussehendes Interface auf den Markt bringt.

    Meine Freundin hat sich die Wilmaa Box gekauft und ist voll enttäuscht- aber man konnte es ja auch vorher nicht testen. Die Umschaltzeiten kotzen an und wenn man aus Eemangelung eine Festplatte anhängt ist wieder Lärm im Wohnzimmer.
    Leider haben wir erst gestern den Test von PC-Tipp entdeckt: http://www.pctipp.ch/tests/hardware/artikel/test-wie-gut-ist-die-wilmaa-box-71035/. Ich glaube der trifft den Nagel auf den Kopf.

  2. Merci für den Hinweis! Ich finde den PC-Tipp-Beitrag fair, aber etwas harsch im Urteil. Ich war gewillt, etwas mehr Nachsicht zu üben, weil die Wilmaa-Box durchaus brauchbar ist. Man könnte zwar meinen, das sei selbstverständlich. Ist es aber nicht, wie der Vergleich zur früher getesteten Videoweb-Box zeigt: http://www.clickomania.ch/fp/index.php/2012/04/20/smart-ist-anders/. Die kritisierten Umschaltzeiten finde ich nicht so schlimm, was durchaus daran liegt, dass meine Cablecom-Settopbox etwa ähnlich lang zum Umschalten braucht – und die kein Streaming nutzt.

  3. Den Standpunkt kann ich verstehen… Lol. Im Vergleich zu Horizon kann Wilmaa teilweise durchaus noch mithalten. Uebrigens hat PCTipp jetzt auch Seisscom TV 2.0 getestet. Ich glaube ich weiss was ich jetzt nehme – klingt absolut revolutionär und sieht mega aus…

  4. Der Pressesprecher von Wilmaa hat mir gesagt, er wisse aus erster Hand, dass einige der mit Swisscom TV 2.0 betrauten Leute am Founder-Programm (http://founder.wilmaa.com/de/founder) teilgenommen hätten. Ob man das dem Produkt anmerkt, weiss ich nicht, da ich Swisscom TV 2.0 in Ermangelung eines Swisscom-Internetzugangs bislang nicht getestet habe…

  5. ich habe wilmaa box installiert jetzt dafür geht die horizon box nicht mehr dachte ich kann jetzt mit einem Tv mit horizon schauen und einem anderen Tv wilmaa geht das nicht zusammen

  6. Ich habe die Wilmaa-Box parallel zu einer Settopbox von Cablecom benutzt und dabei keinerlei Probleme festgestellt. Horizon benutze ich allerdings nicht.

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