Wir In-App-Purchase-Lakaien

«Minion Rush» ist ein üppiges, grossartiges Rennspiel, das riesig Spass macht. Wenn nur die unsympathischen Geldmacher-Methoden nicht wären.

In meiner kleinen Serie zu Endless-Runner-Games (mit Temple Run 2 und Temple Run: Oz) widme ich mich heute Minion Rush von Game Loft (im App Store und bei Google Play).

Das Game zum Film

Das Spiel ist unter mehreren Vorzeichen bemerkenswert. Zum Ersten ist es, natürlich, eine Cross-Promotion für Despicable Me 2. Man steuert einen der Minions durch drei Szenen (Grus’ Labor, das Wohngebiet und El Machos Versteck). Man sammelt Bananen ein, weicht Hindernissen aus, muss mit dem zunehmend verschärften Tempo zurecht kommen und möglichst lange durchhalten.

Rennen, als ob der Leibhaftige hinter einem her wäre. Hier ist der Minion im Wohngebiet unterwegs.

Wie viel das Gameplay mit dem Film zu tun hat, kann ich nicht sagen, da ich den Streifen nicht gesehen habe. Jedenfalls sind sowohl die 3-D-Landschaften wie auch die Spielfiguren mit viel Aufwand und Liebe zum Detail gestaltet. Ohne Zweifel: Für dieses Spiel hat Game Loft richtig Geld in die Hand genommen – allein die Lizenzierung dürfte nicht billig gewesen sein, und an Komplexität bei den 3-D-Modellen übertrifft dieser Titel die erwähnten «Temple-Run»-Titel bei weiten.

Die Rennerei jedenfalls ist abwechslungsreich und macht Spass, selbst wenn man der etwas gar kindlichen Ausprägung nicht sehr viel abgewinnen kann. Das kann allerdings nicht anders sein, zumal es sich bei der Vorlage um einen Kinderfilm handelt. Mir stellt sich allerdings die Frage, ob «Minion Rush» für Kinder im typischen «Despicable Me»-Alter nicht zu kompliziert und zu schwierig ist. Gefallen finde ich auch an den subtilen Anspielungen. Beim Rennen durch Grus’ Labor wechselt die Kamera gelegentlich von der Verfolgerperspektive in die Seitenansicht.

Vielerlei Anspielungen

Das dürfte eine Anspielung an «Canabalt» sein. Dieses Game gilt als Urvater des Endless Runner-Genres und bei ihm sieht man die Spielfigur von der Seite über die Dächer hüpfen. Das Plüschpony ist natürlich eine Anspielung an das Einhorn von «Robot Unicorn Attack».

Abwechslungsreiche Szenerien: Links Grus’ Labor, rechts El Machos Versteck.

Alles nur geklaut

Bemerkenswert ist auch, wie schamlos sich Gameloft bei Imangi Studios und «Temple Run: Oz» bedient hat. Das Spielkonzept ist fast deckungsgleich, aber natürlich adaptiert: Statt Münzen sammelt man Bananen. Die Edelsteine, mit denen man sich im Todesfall ins Leben zurückrufen kann, sind bei «Minion Rush» Gameloft-Marken.

Es gilt in beiden Spielen erfolgreich Missionen zu absolvieren und so den Multiplikator zu erhöhen, was dann wiederum zu einem schnelleren Ansteigen der Punktezahl und zu einem besseren Spielresultat führt. Die Powerups ähneln sich sehr. Mit dem Staubsauger sammelt man Bananen ein, ohne sie direkt erwischen zu müssen (das ist der Magnet bei Oz). Das Schild schützt in beiden Spielen vor tödlichen Unfällen. Mit der Rakete kommt man schneller vorwärts (bei Oz «Finleys Schub» genannt). Die langsame Anfangsphase lässt sich überspringen.

Bei «Minion Rush» mit dem Minion Launcher, bei den «Temple-Run»-Spielen mit dem Head Start. In beiden Spielen kann man mit den erspielten Bananen/Münzen seine Fähigkeiten verbessern und seine Spielfigur optisch verändern. Und in beiden Spielen gibt es eingestreute Mini-Plays: Bei Oz die Ballonfahrt, bei «Minion Rush» der Ritt auf dem Plüschpony. Besonders ist bei Minion Rush die Gefrierkanone, mit der man Hindernisse eliminiert. Ein exklusives Feature in «Temple Run» ist das Stolpern bei kleinen Hindernissen. Es kostet einen nicht sofort das Leben, doch der Verfolger rückt einem etwas näher auf die Pelle.

Eines der Powerups erlaubt es einem, arme Minions zu zertrampeln.

Frustkäufe

Einen bemerkenswerten Unterschied gibt es bei «Minion Rush» zum getreulich kopierten Vorbild, und der bezieht sich auf die erwähnten Gameloft-Marken. Während man bei Temple Run durch ausdauerndes Spielen durchaus in der Lage ist, ausreichend Diamanten anzuhäufen, sind diese Marken bei «Minion Rush» ein extrem rares Gut. Man schafft es, selbst wenn man intensiv spielt, pro Tag vielleicht zwei bis drei solcher Marken zu erhaschen. Das ist nichts, denn manche der Herausforderungen lassen sich nur lösen, wenn man zwanzig oder fünfzig Marken auf der hohen Kante hat.

Man kommt nicht vorwärts, ist frustriert – und wendet sich dann dem Store zu, wo es die Marken zu kaufen gibt. Gegen echtes Geld, als In-App-Kauf. Die Herausforderungen sind generell monoton, repetitiv und finden viel zu oft im Macho-Land statt. Die gesammelten Bananen nützen einem recht schnell nichts mehr – denn nach einigen Powerup-Updates gibt es im Store damit nichts mehr zu kaufen.

Links: Der Ritt auf dem Pony – lukrativ, was die Bananenbilanz angeht. Rechts: Die Herausforderungen haben Frust-Potenzial.

Das Spiel gehört in die Kategorie der Free-to-Play-Games, die den Spieler erst anfixen, um ihm dann frustrierende Aufgaben zu stellen, auf dass er in den Store geht und unvernünftige Käufe tätigt. 200 Marken kosten zwei Franken, 550 Marken fünf Franken, 1200 Marken zehn Franken und 7500 Marken sind für 48 Franken zu haben. Das ist ein klassischer Free-to-Play-Monetarisierungsmechanismus, wie im Beitrag Gamern das Geld aus der Tasche ziehen besprochen.

Ich finde das unsympathisch. Ich zahle gern fünf oder meinetwegen auch zehn Franken für ein Game, das mich unterhält und mir Spass macht. Diese Frust-Masche macht keinen Spass – man ist nicht mehr der Spieler, sondern der Gespielte. Gewissermassen ein In-App-Purchase-Lakai. Aber wen wunderts. Wo das Spiel «Minion Rush», zu Deutsch «Rennen der Lakaien» heisst …

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