Ein zweiter Frühling fürs Mail

Das E-Mail hat harte Konkurrenz durch Direct-Messenger erhalten. Es wirkt veraltet und als Kommu­ni­kations­mit­tel für Ewig­ges­trige. Dabei hat es noch immer unbe­streit­bare Vorteile. Darum hier zehn Mass­nah­men, mit denen das Mail wett­bewerbs­fähig wird.

Ich bin ein notorischer DM-Überseher. Direktnachrichten bei Twitter erreichen eher selten und bei App.net fast nie – ich entschuldige mich an dieser Stelle kollektiv bei allen. Facebook-Nachrichten entdecke ich ebenfalls erst nach Tagen und meistens erst dann, wenn es schon zu spät ist. Auch dafür: Sorry, sorry, sorry, sorry!

Aber es ist auch wirklich ein übles Durcheinander: Whatsapp, SMS bzw. iMesage, Twitter-DMs und Facebook-Chats… von «unified messaging» spricht schon längst niemand mehr. Au contraire mon frère – die Kommunikation wird immer noch verzettelter, und wenn man sich nach zehn Tagen erinnern müsste, auf welchem Kanal man eine wichtige Information erhalten hat – dann viel Spass beim Suchen.

Die Vorteile sind zahlreich und unbestreitbar

Das heisst: E-Mail wäre eigentlich nach wie vor eine nützliche Angelegenheit. Man hat alle seine Nachrichten an einem Ort, dank Imap auf diversen Geräten. Man hat sein Archiv offline und per Volltextsuche zur Verfügung, kann es datensichern, wie es einem gefällt und hätte sogar die Möglichkeit, die Kommunikation zu verschlüsseln und digital zu signieren. (Keiner nutzt diese Möglichkeiten, aber es ist dennoch ein schönes Gefühl, dass es sie gibt.)

Tofu: Auf dem Teller umstritten, beim E-Mail überholt. (Originalbild: uits/Flickr.com)

Kurz und gut: Für mich alten Sack ist E-Mail nach wie vor eine gute Sache. Und mit ein paar Neuerungen wäre diesem altehrwürdigen Kommunikationsmittel ein zweiter Frühling beschrieben:

1. HTML-Formatierungen sind ab sofort verboten. Mit Twitter, Facebook und WhatsApp hat inzwischen wirklich jeder gelernt, sich ohne fett und kursiv auszudrücken. Und wenn einer auf seinen Fotohintergrund nicht verzichten will, kann er sich auf dem sozialen Medium seiner Wahl bei der Profilseite austoben.

2. TOFU und andere Zitierformen werden ab sofort kollektiv geächtet. Dann spricht es sich vielleicht doch noch herum, dass Mailprogramme seit Jahren oder bald Jahrzehnten das Conversation threading beherrschen?

3. Wer den Satz «Consider the environment before printing» unter seine Nachricht hängt, muss einen Monat lang alle seine Kommunikation handschriftlich auf ein rezykliertes Stück Papier schreiben und persönlich per Fahrrad zustellen.

4. Anhänge sind nicht mehr erlaubt. Powerpoint-Präsis nicht, animierte GIFs auch nicht und Youtube-Katzenvideos schon gar nicht. Wer glaubt, solche Dinge würden sein Leben oder das seiner Mitmenschen tatsächlich bereichern, der arbeitet mit Dropbox, Onedrive, MyDrive, Google Drive und fügt seinem Mail den Link zum freigegebenen Dokument hinzu.

5. Wer keinen oder einen unsinnigen Betreff wie «For your info» verwendet, muss wahlweise die dritte Klasse oder die RS wiederholen. Wer systematisch Betreffs verwendet, die in Mailregeln verwendet werden können, der wird zum Mailbenutzer erster Klasse befördert.

6. Wer Kettenbriefe und Hoaxes weiterleitet, der… naja, hört doch bitte das nächste Mal auf all die lieben Menschen, die ihm sicher schon x-mal gesagt haben, dass er keine Kettenbriefe und Hoaxes weiterleiten soll.

7. Signaturen sind nur in Form von ASCII-Art gestattet. Erwünscht, aber nicht ausdrücklich gefordert, sind sexuell anregende ASCII-Arts im Manga-Stil.

8. Das harte Umbrechen von Zeilen dürfte so langsam als überholt betrachtet werden. Dafür geraten eine anständige Rechtschreibung, ein nicht zu förmlicher, aber auch nicht allzu schnoddriger Umgangston niemals aus der Mode.

9. Mit falsch codierten Nachrichten und zerfetzten Unicode-Zeichen wollen wir an dieser Stelle erst gar nicht anfangen…

10. Wer IncrediMail nutzt, dem ist nicht mehr zu helfen.

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