Back to Beromünster

Der neue Name des Schwei­zer Radios ist ein Symp­tom dafür, wie viel Iden­tifi­ka­tion die Sender in den letzten Jahren ver­spielt haben.

Ich hab es ja versucht. Ich wollte mich etwas zurückhalten, nachdem man mir höflich, aber doch unmissverständlich zu verstehen gegeben hat…


… dass ich mich langsam aber sicher zu einem alten Querulanten entwickle.

Aber seis drum! Gute Vorsätze sind fürs neue Jahr. Im alten Jahr darf ich noch:

Der neue Name, SRF anstelle von SF und DRS, dieser neue Name ist das letzte. Er ist nicht schön, und er ist nicht praktisch. «SRF 1» kann sowohl für Radio SRF1 als auch für Fernsehen SRF 1 stehen. Die Bezeichnung «Radio SRF 1» ist für die Alltagssprache aber viel zu behäbig. Dass Leute, die Radioprogramme produzieren, nicht über den konkreten Sprachgebrauch nachdenken, muss einem doch zu denken geben.

Aber so etwas kommt halt heraus, wenn ideologische Motive dominieren. Das Publikum hat zu begreifen, dass es Radio und Fernsehen nun aus einer Hand erhält. Doch selbst dafür taugt der Namen nichts. Wer sich für die Organisationsform interessiert hat, der wusste auch vorher schon darüber Bescheid. Und den anderen ist es vermutlich egal. Nun, vielleicht entflammt wenigstens bei den Mitarbeitern das Feuer der Leidenschaft für die Konvergenz.

Wir fressen keine Robbenbabys

Jedenfalls werde ich misstrauisch, wenn Unternehmen sich über ihre Visionen schwafeln. In der «Über uns»-Rubrik der Homepages werden diese Leitbilder sehr gerne breitgetreten. «Wir sind innovativ!» «Wir verhalten uns ethisch!» «Wir sind grün!» «Wir fressen weder Robbenbabys noch Kleinkinder!» Neulich habe ich auf der Website eines Druckanbieters gelesen, man lasse sich von biblischen Werten leiten. «Auge um Auge, Zahn um Zahn», fällt einem ein und man nimmt sich vor, bei allen Besuchen eine Steinschleuder dabei zu haben.

Seine Werte sollte man jedenfalls durch Taten unter Beweis stellen. Besonders lächerlich ist es, seine Visionen im Namen vor sich herzutragen. «Swiss unique airport» klingt absurd, weil ein Flughafen halt einfach ein Flughafen ist, egal wie man ihn nennt. Und bei «SRG SSR Idée suisse» ist man geistig sofort bei la Suisse n’existe pas. Und fragt sich, ob der Name eine verklausulierte Auflösungsankündigung ist. Aber natürlich ist das nicht der Fall. Es ist vielmehr die etwas arrogante Feststellung, dass in der Schweiz keiner an einem vorbeikommt.

Bleibt die Frage, wie Radio und Fernsehsender heute heissen könnten. Auch wenn der Landessender Beromünster 2008 abgeschaltet und das Radioprogramm dieses Namens schon 1967 in DRS umbenannt wurde, brauchen die ganz alten Semester auch heute noch gerne diesen Namen. Das sollte einem eine Vorstellung vom Wert einer solchen Marke geben – und von der Identifikationskraft seines tief verwurzelten Namens.

Ich habe gern etwas Emotion in meinem Radio

Nur die Radiomoderatoren, denen scheint der alte Name überhaupt nichts bedeutet zu haben. Schon Montagmorgen posaunten sie den neuen heraus, als ob sie nie etwas anderes getan hätten. Ich nehme an, es gab die Weisung, dass die Umstellung kurz und schmerzlos auszuführen sei. Und die Menschen am Mikrofon haben die, so weit ich gehört habe, auch getreulich ausgeführt. Das ist professionell und lobenswert. Aber es wirkt halt auch kalt, emotionslos und bürokratisch. Und ich habe gern etwas Emotion in meinem Radio.

So heisst der Sender eigentlich heute noch.

Zurück zur Frage, wie man die Sender heute nennen müsste. Den Weg hätten, meines Erachtens, die Radioprogramme in der Westschweiz und im Tessin gewiesen. Die dritten Programme brauchen nicht das Kürzel der Mutter, sondern die generischen Bezeichnungen Couleur 3 und Rete Tre, in der Westschweiz sind ausserdem die Bezeichnungen La Première und Espace 2 fürs erste und zweite Programm in Verwendung und in der Deutschschweiz Virus fürs Jugendradio. Da stört es auch nicht, wenn man zwecks Identifikation noch ein SRF bzw. RTS vornedran setzt.

Mehr Farbe wäre schön

Mir hat die Idee von «Couleur 3» als dritte Farbe im Radiospektrum schon immer gefallen. Und auch wenn ich den Sender nicht häufig höre, ist er doch vielmehr so, wie ich mir das dritte Programm eines gebührenfinanzierten Medienveranstalters vorstellen würde.

Wie auch immer. Der Name SRF demonstriert, dass man gewillt ist, die Zukunft mit geballter Marktmacht anzugehen. Obs hilft? In meinem persönlichen Medienmix geht die Bedeutung von SRF weiter zurück. Da spielt der neue Name eine gewisse Rolle, weil ich mich mit dem nicht anfreunden will. Der wichtigere Grund ist die zu mainstreamige Ausrichtung und die immer wichtigere Konkurrenz durch unabhängige Podcasts und hörergemachte Medien wie Radio Stadtfilter.

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