Das DABakel

Digitalradio ist keine Erfolgsgeschichte. Und jetzt wird die Entwicklung durch die sehr unglückliche Umstellung auf DAB+ ausgebremst.

Zufällig bin ich über eine knapp einjährige Pressemeldung der SRG gestolpert, in der es heisst:

Digitalradio (DAB/DAB+) ist auf Erfolgskurs und wird den UKW-Empfang längerfristig ablösen. (Quelle)

Also, mit Verlaub, wenn Digitalradio etwas nicht ist, dann auf Erfolgskurs. Im Grund ist DAB den Konsumenten komplett schnurz. Die bessere Qualität? Hört man bei den kleinen Rundfunkempfängern eh nicht. Die grössere Senderauswahl? Fäkalegal, da auf allen Sendern eh das genau gleiche Musikprogramm läuft. Zusatzdienste mit Texten oder Bildern? Habe ich noch nicht gesehen und mein DAB-Radio kann das sowieso nicht.

DAB scheint mir im Gegenteil sogar ein Paradebeispiel für die komplett missglückte Einführung einer Technologiewende. Ich habe vor einiger Zeit ein DAB-Radio von Pure gekauft. Nämlich das Chronos CD, das heute gut drei Jahre auf dem Buckel hat und schon als komplett veraltet gelten muss. Es versteht sich nämlich nur auf DAB und nicht auf DAB+. Firmewareupdate? Pustekuchen!

Nicht völlig nutzlos, aber …

Das heisst, dass ich mit dem Gerät die ganzen Privatprogramme aus dem zweiten Ensemble nicht hören kann. Nicht, dass ich mich ernsthaft Radio Energy oder Radio Top aussetzen würde – auf gar keinen Fall.

Und der eigentliche Clou kommt jetzt:

Ab 17. Oktober 2012 werden diverse DAB-Radioprogramme nur noch über die neue Technologie DAB+ senden. (Quelle)

Das heisst: Ab in den Müll mit dem dreijährigen Digitalradio. Das dreissigjährige UKW-Radio wird seinerseits fröhlich seinen Dienst tun – bis weit ins nächste Jahrzehnt hinein, wenn UKW 2025 vielleicht abgeschaltet wird. Und da behauptet digitalradio.ch allen Ernstes, diese geplante Obsoleszenz sei:

Wirtschaftlich und umweltfreundlich.

Digitalradios, die kein DAB+ können, sind bald reif für den Müll. (Originalfoto des Abfalleimers: Harald Groven/Flickr, CC BY-SA 2.0)

Man könnte es auch eine Absatzförderungsmassnahme für den gebeutelten Elektronikfachhandel nennen. Ich werde den Tanz um DAB+ jedenfalls nicht mitmachen, es sei denn, Pure oder die Euphoriker von digitalradio.ch würden mir einen feudalen Eintauschrabatt für die DAB-Nichtplus-Gurke bieten.

Die Zukunft heisst sonst Internet

Ansonsten wage ich die Wette, dass die Zukunft von UKW nicht DAB heisst, sondern Internet. Bevor sich DAB durchgesetzt hat, wird die mobile, flächendeckende Internetnutzung so einfach und günstig möglich sein, dass man seine Radiosender auch unterwegs am einfachsten übers Internet hört. Und jederzeit zu einem frischen, schönen Podcast oder zu Spotify umschalten kann, wenn die Schwätzer im Radio es wieder darauf abgesehen haben, einem den letzten Nerv zu rauben …

7 Kommentare zu «Das DABakel»

  1. habe selber ein DAB+ (PLUS!) radio im badezimmer in betrieb. ohne rauschen, das ist ja schön und gut.

    aber warum gibt es diese dinger praktisch immer nur in mono-ausführung?

    auch autoradios, für welche dieses system ursprünglich geschaffen wurde, scheinen nur zögerlich darauf zu setzen. gibt es neue autos, welche in standardausführung ein DAB+-radio eingebaut haben?

    meines wissens ist in Grossbritannien DAB doch recht verbreitet. sollte doch auch bei uns platz für mehr sender geben, oder?

  2. Radio per UKW ist heute vielen nicht mehr zumutbar, weil in den letzen ~16 Jahren immer mehr UKW-Füllsender auf den unmöglichsten Frequenzen eingeschaltet wurden; so kann man heute 20-30 Programme weniger auf UKW empfangen als noch in den 90er Jahren, weil viele Programme wurden durch solche Füllsender blockiert.
    DAB ist da der Ausweg – heute kann ich in Netstal im Glarnerland immerhin 53 Programme störungsfrei per DAB empfangen, und das sind längst nicht nur Dudelradios. Heute hören doch immerhin rund 2,4 Millionen Schweizer Radio per DAB, und 1,36 Millionen schalten täglich DAB-Programme ein. Ein paar ungewöhnliche Programme, die nur per DAB (oder per Webstream) empfangbar sind: SwissJazz, Musigwälle, Option musique, Sunshine live, Absolut Radio, LoungeFM.
    Der eine oder andere DAB-Netzbetreiber wird 2013 starten, und Preise zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten verlangen, das wird dann auch für Stadtfilter bezhahlbar.
    Es gibt mittlerweile auch genug Stereo-DAB-Radios, siehe z.B. http://www.digiradio-shop.ch/
    Auch DAB+ Autoradios gibts mittlerweile von diversen Herstellern, und es werden immer mehr. Leider werden bislang kaum DAB Autoradios serienmässig verbaut.
    Seit 2008 werden in der Schweiz übrigens nur noch DAB+ fähige DAB-Radios verkauft.

  3. DAB gibts in der Schweiz seit 1995; 2008 startete in Graubünden das erste DAB+ Ensemble, und die Radios, die kein DAB+ konnten, wurden vom Handel 2008 zurückgezogen.

  4. Danke für die guten Einsichten, Christian. Du sprichst einen wichtigen Punkt an, nämlich die Autohersteller. So lange die nicht auf den Zug aufspringen, wird der Technologie nicht den Durchbruch bringen. Dabei wäre gerade im Auto der Vorteil am grössten, weil man nicht am Frequenzrad zu drehen braucht. Das Nachführen der Frequenz funktioniert bei AF und RDS erstaunlich schlecht.
    Um es deutlich zu sagen: Ich finde nicht die Technik schlecht. Swiss Jazz höre ich selbst ganz gern und für Stadtfilter wäre es eine tolle Chance, das Sendegebiet via DAB vergrössern zu können. Was in die Hose ging, ist die Einführung. Ohne das Chaos mit DAB und DAB+, dafür mit einer besseren Abstimmung zwischen SRG, Privaten und Alternativen, hätte es sicher besser geklappt.

  5. Ich bin mir sicher, das Radio Ende 2008 oder anfangs 2009 gekauft zu haben. Dass man hätte auf DAB+ achten müssen, war mir eigentlich klar gewesen…

  6. Ich wüsste nicht, warum ich ein Digitalradio kaufen sollte! So lange die Sender Radio Regenbogen. / Radio 7 / Baden FM und Seefunk nicht digital senden, sicher nicht Das Monotone, dumme geplapper und immer gleiche Lustlose präsentation der Schweizer sender, NEIN DANKE, das braucht kein gesunder Mensch. Schaltet alle UKW Sender in der Schweiz ab, und der Empfang der Sender aus den Nachbarländer wird ein Erfolg.

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