Die perfekte App für Hypochonder

Was tun, wenns juckt, kneift oder zieht, die Lunge pfeift oder Nacht­schweiss aus­bricht? Eine iPhone-App hilft bei der Selbst­dia­gnose. Sinn­voller als das sind jedoch die Apps zur ersten Hilfe.

Ärzte werden WebMD lieben: Diese App sorgt nämlich dafür, dass man als Patient nicht einfach brav seine Symptome aufzählt, wenn man in der Praxis auftaucht, sondern schon genau weiss, woran man leidet, und eigentlich nur noch das Rezept für die Medis abholen will.

Links: WebMD – da tippen, wo’s juckt.
Rechts: Erste Hilfe DRK – wissen, was bei Notfällen zu tun ist.

Im Symptom Checker gibt man als erstes sein Alter und das Geschlecht ein (die Postleitzahl kennt keine Schweizer Städte, daher kann man das Feld auch leer lassen). Dann tippt man auf dem Bild eines (unbekleideten, aber genitallosen) Mannes auf die schmerzende Körperregion. Es erscheint eine Liste, in der man die passenden Symptome ankreuzt. Man tippt auf den Hals, gibt «Cough» (Husten) an und erhält für weitere Verfeinerungen die Optionen «keuchend beim Einatmen», «trockener Husten» und «hell oder bellend» zur Auswahl.

Analog kann man dann weitere Symptome hinzufügen, zum Beispiel Heiserkeit, Stimmverlust und Halsweh und erhält dann als mögliche Diagnose mehr als zwanzig Krankheiten zur Auswahl: Nebst dem «common cold» – also der ganz normalen Erkältung, um die es sich bei diesen Symptomen sehr oft handeln dürfte –, erscheinen auch Bronchitis, Sodbrennen, Kehlkopfentzündung, Mandelentzündung und Tuberkulose in der Liste. Und Speiseröhrenkrebs, Lungenkrebs, sowie Schilddrüsenkrebs.

Das Gegenteil einer soliden Diagnose

Das zeigt das Problem der App: Über weitere Fragen werden die Symptome zwar, wie beim Husten, näher eingegrenzt. Es findet keine Ausschlussdiagnose statt, bei der die schlimmen, aber unwahrscheinlichen Krankheiten eliminiert werden. Es bleibt dem Anwender überlassen, wie genau er seine Symptome erfasst und wie genau er sein Krankheitsbild eingrenzt. Der Algorithmus, mit dem die App von Symptomen auf mögliche Krankheiten schliesst, scheint strohdumm zu sein – auch wenn man nur ein Symptom einer Krankheit mit vielen Symptomen angibt, taucht diese Krankheit bereits in der Liste auf.

Das ist das Gegenteil einer soliden Diagnose. Diese Informationen sorgen nicht für Gewissheit, sondern für Beunruhigung. Gerade bei Leuten, die sich leicht um ihre Gesundheit sorgen. Um den Symptom Checker sinnvoll nutzen zu können, braucht man ein robustes Urteilungsvermögen, das den Nutzern, die am ehesten zu der App greifen, oft abgehen dürfte.

Nebst dem Symptom Checker gibt es unter Conditions ein Medizin-Lexikon, das alphabetisch Krankheiten und Leiden auflistet. Unter Drugs und Treatments finden sich Hinweise über Behandlungen und Medikamente, wobei die Handelsnamen der Arzneimittel hierzulande teilweise von denen auf dem US-amerikanischen Markt abweichen.

Das iPhone als Lebensretter

Hilfreich dürfte somit unter dem Strich vor allem die Rubrik First Aid sein: Hier erfährt man — die nötigen Englischkenntnisse vorausgesetzt, was man in Notfällen zu tun hat: Herzmassage, Behandlung von Augenverletzungen oder Aufbewahrung und Transport von ausgeschlagenen Zähnen.

Diese Informationen via iPhone immer griffbereit zu haben, ist absolut sinnvoll. Im Fall der WebMD-App braucht es allerdings gute Englischkenntnisse. Es gibt aber natürlich auch deutschsprachige «Erste Hilfe»-Apps, beispielsweise die des deutschen roten Kreuzes. Sie führt – wahlweise mit Bild oder Text – durch die Massnahmen, die man im Erste-Hilfe-Kurs gelernt haben sollte. Der Notruf-Assistent hilft, bei einem Anruf auf die Nummer 112 die richtigen Informationen parat zu haben und unter Der kleine Lebensretter findet man kurze Tipps für vielerlei Notlagen: Stromschlag, Herzinfarkt oder Verkehrsunfall.

Beide Apps gibt es im App Store: WebMD ist kostenlos, Erste Hilfe DRK kostet einen Franken.

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