Top Software, Flop-Lizenz

PhraseExpress ist eines meiner liebsten Programme. Mit der Lizenzierung bin ich aber nicht einverstanden: Sie läuft dem Umstand zuwider, dass ich meine Arbeit mit mehreren Geräten verrichte.

PhraseExpress gehört zu der ewigen Top fünf in meiner Utility-Rangliste: Die Anwendung verwaltet Phrasen, die über Tastaturkürzel oder über Kurzbausteine abrufen lassen – so wie die Autokorrektur aus Office, nur gut. Es gibt auch Platzhalter, die Möglichkeit, Bausteine zu verschachteln und selbst mit meinen fast 3600 Kummerbox-Bausteinen funktioniert die Anwendung flüssig und problemlos. Darum habe ich die Software auch schon zwei-, dreimal im Tagesanzeiger vorgestellt.

Etwas nerdige Oberfläche, aber ausgeklügelte Funktionen.

Ab in die Wüste?

Seit der neuen Version 8 bin ich allerdings kurz davor, PhraseExpress in die Wüste zu schicken. Ich brauche die Software nämlich auf mehreren Rechnern, was durch eine in der neuen Version eingeführten neue Aktivierung durch nervige Dialoge erschwert wird.

Auf Nachfrage beim Hersteller Bartels Media GmbH erhalte ich im (nur für registrierte Benutzer zugänglichen) Forum die Antwort, es sei seit jeher so gewesen, dass man die Software nur auf einem Rechner brauchen dürfte.
Was ich beim ursprünglichen Kauf der Software überlesen hatte.

Es hätte zur Folge gehabt, dass ich statt einer Lizenz für 49,95€ zwei Lizenzen für 99,90€ gebraucht hätte. Oder sogar drei für 149,85€, da ich beim Tagi zwei Rechner habe, auf die ich eigentlich gern beide für die Kummerbox-Beantwortung nutzen würde. Dass ich das überlesen habe, war jedenfalls zum Vorteil von Bartels Media. Denn hätte ich es gelesen gehabt, dann hätte ich mich gegen einen Kauf entschieden und ein anderes Produkt gewählt.

Das habe ich im Forum so geschildert und darauf die Antwort erhalten:

Das Problem wäre, eine Grenze der maximalen Anzahl von PCs zu ziehen, die mit einer Lizenz betrieben werden dürfte. Manche sagen zwei Rechner. Sie dehnen diesen Anspruch bereits auf drei Rechner aus. Darüber hinausgehende Forderungen dürften nicht lange auf sich warten lassen. Wie sollte man dann noch eine Volumenlizenzierung argumentieren, mit der schließlich die Entwicklung der Software getragen wird?

Volumenlizenzen sind für Unternehmen, die eine Software mehreren Arbeitnehmern zur Verfügung stellen. Für Einzel-Anwender wäre ein Benutzer = eine Lizenz eine gute und faire Lösung, schlage ich vor. Und erhalte, von oben herab, folgende Replik:

Vielen Dank für Ihre sehr großzügig gedachte Art der Lizenzierung. Aber es bleibt leider offen, wie die Software prüfen kann, ob bei vielen Rechnerinstallationen die Software tatsächlich auch nur von einer Person genutzt würde?

Apple kann das mit den iOS-Apps, die an die Apple-ID gebunden sind. Auch mit dem Mac-App-Store ist das möglich. Apple bietet in diesem Store auch die eigenen Programme an, die man, einmal gekauft, auf allen seinen Mac-OS-X-Rechnern installieren kann. Seit Kurzem bietet Adobe Photoshop Elements im Mac-App-Store an.

Im Mac-App-Store bleibt viel Geld liegen

Es gibt beim Mac-App-Store zwar problematische Aspekte. Nichtsdestotrotz habe ich mich an diese komfortable Form des Softwarekaufs gewöhnt. Es ist zeitgemäss und hilft den Softwareanbietern. Seit es den Mac-App-Store gibt, habe ich jedenfalls deutlich mehr Geld für Software ausgegeben, als vorher. In der Windows-Welt hat das Konzept des App-Store noch nicht Fuss gefasst, obwohl es mit Intel AppUp einen solchen Store auch für Windows gibt, der das populäre «Angry Birds»-Spiel im Angebot hat.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Windows-Software auf diese Weise bezogen werden kann. Microsoft denkt darüber nach, auch Office für Mac über den Mac-App-Store zu vertreiben und mit Windows 8 soll ein App-Store kommen. Das aber eigentlich nur nebenbei. Als Softwareunternehmen kann man seine Produkte auch weiterhin selbst vertreiben. Eine hardwaregebundene Aktivierung goutiert man allerdings nicht mehr, nachdem man beim Mac-App-Store auf den Geschmack gekommen ist – weil ein einmal gekauftes Programm automatisch auf allen eigenen Macs auftaucht.

Dieser Einwand wird von Bartels Media wie folgt gekontert:

Der AppStore würde auch nicht verhindern, das sich ein Unternehmen mit einer einzigen AppStore-ID mit einer einzelnen gekauften Lizenz komplett ausstattet. Wir würden gerne Ihren Vorstellungen entsprechen; allein die technische Umsetzung gestaltet sich als schwer lösbare Herausforderung. Über Vorschläge freuen wir uns jedoch sehr, wenn sie realisierbar und praxistauglich sind.

PhraseExpress gibt es als Freeware-Version. Diese darf man nicht kommerziell verwenden, kann es aber natürlich tun. Die an die Hardware gekoppelte Aktivierung à la PhraseExpress nützt gar nichts. Und selbst wenn sie es täte – schon als Microsoft mit Windows XP die unselige Microsoft-WGA-Echtheitsprüfung eingeführt hat, die ebenfalls an die Hardware gekoppelt ist, tauchten im Internet sofort Crack-Programme auf. Bartels Media bietet auf der Homepage selbst die passenden Suchbegriffe für den PhraseExpress-Crack. Und im Forum schreibt man mir Folgendes:

Leider sind aber nicht alle Anwender so ehrlich wie Sie. Das ist keine Vermutung, sondern praktisch gemachte Erfahrung, Wir haben in den vergangenen 13 Jahren so ziemlich jede Lizenzierungsform probiert und mussten leider feststellen, daß ihre schätzenswerte Ehrlichkeit leider nicht auf alle Anwender zutrifft.

Aus Frust über die Schwarzkopierer werden ehrliche Kunden bestraft

Ich kann absolut nachfühlen, dass das Schwarzkopieren für die Softwarehersteller frustrierend ist. Bedauerlich ist, dass der Frust inzwischen so gross ist, dass Entgegenkommen keine Option mehr ist:

Wir müssen wohl damit leben, das wir Sie nicht als Kunden gewinnen konnten.

Mit dieser sturen Haltung schadet Bartels Media den Kunden und damit sich selbst. Die Schwarzkopierer wird man so nicht zur Aufgabe zwingen. Der einzige Weg, Kunden zum Zahlen zu bewegen, ist ein gutes Produkt zu einem anständigen Preis und fairen Nutzungsbedingungen anzubieten. Das gute Produkt hat Bartels Media schon.

3 Kommentare zu «Top Software, Flop-Lizenz»

  1. Wir bedanken uns, das Sie PhraseExpress einsetzen und bedauern, das wir Ihren Vorstellungen bezüglich der Lizenzierung nicht entsprechen können.

    In unserer sehr ausführlichen Korrespondenz waren wir bemüht, unsere Herausforderungen zu schildern und wären verwundert, wenn Sie diese als “von oben herab” empfinden, nur weil wir einen abweichenden Standpunkt vertreten.

    Leider haben Sie in Ihren Ausführungen unseren Vorschlag vergessen zu erwähnen, das Sie PhraseExpress sehr wohl auf einer beliebigen Rechneranzahl mit nur einer Lizenz betreiben können, indem Sie PhraseExpress von einem USB Stick betreiben.

    Damit lösen Sie zugleich elegant das Problem der Synchronisation der Textbausteindatei auf allen Rechnern, das ansonsten zum Tragen käme.

    Übrigens ist unser Forum entgegen Ihrer Darstellung nicht ausschließlich für registrierte Anwender zugänglich, sondern jeder Anwender kann sich vor dem Kauf unverbindlich einen Eindruck von unserer Kundendienstqualität machen: http://forum.phraseexpress.de

    > Diese darf man nicht kommerziell verwenden, kann es aber natürlich tun.

    Wir möchten darum bitten, unser faires Lizenzangebot zu respektieren, statt vorzuschlagen, es mit einer illegalen Handlung zu unterwandern. Weitere Informationen finden Sie unter http://www.phraseexpress.de/freeware.htm

    Wir würden dieses faire Angebot nur ungern einstellen, wenn sich eine, wie von Ihnen zum Ausdruck gebrachte Einstellung beim Anwender verbreiten würde. Das wäre zum Schaden aller Heimanwender, die um die Möglichkeit einer kostenlose Nutzung einer professionellen Software gebracht würden.

    Freundliche Grüße,
    Michael Schmidt
    PhraseExpress Team

  2. Sie müssten tatsächlich konsequenterweise die Freeware-Version einstellen, damit die Hardware-Aktivierung greift. Nur ist die Freeware-Version natürlich diejenige, über die viele Anwender (auch ich) zur Bezahl-Version gelangen.
    Hoffentlich bemerken Sie, dass meine Argumentation nicht dazu diente, zu illegalen Handlungen aufrufen (auf die Idee, das wie beschrieben zu tun, kommt jeder Schwarzkopierer natürlich selbst), sondern dass sie aufzeigt, dass Sie nicht den Schwarzkopierern schaden, sondern Ihren Kunden.
    Was den USB-Stick angeht: Darauf habe ich im Forum reagiert: Ich bin tatsächlich schon zu sehr in der Cloud verwurzelt, als dass ich wieder damit anfangen möchte, Daten auf USB-Sticks mit mir herumzutragen.

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