Apropos Lokalisierbarkeit

Bei der Diskussion um den Standortverlauf beim iPhone ist untergegangen, dass auch Desktop-PCs genau geortet werden können.

Das iPhone speichert die Position. Ich verstehe, dass das aus technischer Sicht sinnvoll sein kann. Ich fände es gut, wenn die Daten verschlüsselt gespeichert würden und klar geregelt wäre, wozu sie genutzt werden und wozu nicht.

Aber diskutieren wir doch an dieser Stelle über etwas anderes: Nämlich über den Umstand, dass man bei stationären Computern schon lange sagen kann, wo der User steckt.

Ein Beispiel: Ich sitze gerade bei mir zu Hause, wobei jeder die genaue Adresse im öffentlichen Telefonbuch nachschlagen kann. Ich rufe die Website ip2location.com auf und erhalte folgende Auskunft:

Sogar eine Wetterstation in der Nähe wird eruiert.

Naja, knapp daneben ist auch vorbei, ip2location.com platziert mich am Bleicherweg 8 in Zürich.

Es geht kilometergenau

Es geht bei anderen Anbietern (eine Liste gibt es hier) durchaus genauer. Bei getpos.de werde ich in Winterthur verortet. Laut gmap-pedometer.com ist die Stecknadel nicht mehr als 1,5 Kilometer daneben.

Detaillerte Informationen über uns Surfer.

Das heisst: Jede, wirklich jede Website, die ich heute ansurfe, kann mit anderthalb Kilometer Genauigkeit feststellen, wo ich mich befinde. Das wird vor allem bei der Werbung ausgenutzt. Ich mache dazu einmal ein einleuchtendes Beispiel: Es gibt ja diese Websites, wo man (völlig ungefragt, versteht sich), Frauenkontakte angeboten erhält. Und immer Damen sieht, die zufälligerweise bei einem ums Eck wohnen:

Diese Frauen wohnen angeblich in der Nähe.

Verpixelt habe ich die Bilder, weil das so wunderbar nach investigativem Journalismus ausschaut. Die Frauen selbst sehen weder verpixelt noch unverpixelt wie typische Winterthurerinnen aus. Das man hier beschissen wird, lässt sich auch an den Altersangaben der Damen erkennen. «SieBi1965» wäre 46 und nicht 24. Und «g****schnecke79» hätte 32 Jahre auf dem Kilometerzähler und nicht 24. Aber wenigstens das mit dem «heiss und willig» wird wohl stimmen.

Aber damit bin ich vom Thema abgekommen. Und das in einem Posting, wo es um die Ortung geht. Isn’t it irconic?

Also, zurück zu den traurigen Facts: Jede Website, die ich häufig aufrufe und bei der ich ein Konto verwende (also Google, Facebook, Twitter, Webmail, berufliche Extranets, etc. pp.) kann feststellen, ob ich mich von zu Hause, vom Büro oder vom Computer eines Freundes oder Bekannten einlogge. Und das, ohne dass GPS oder irgend eine Tracking-Datei à la consolidated.db benötigt würde. Ob diese Informationen über meinen Aufenthaltsort gespeichert oder ausgewertet werden, weiss ich nicht und ich habe keinerlei Kontrolle darüber.

Was gibt die IP-Adresse bei mobilen Geräten her?

Wie genau die Ortung der IP-Adresse ist, hängt davon ab, wie die Provider die Adressen vergeben. Die investigativen Recherchen dazu müsste man noch anstellen, aber ich nehme an, dass die Provider ihre IP-Adressen nach Regionen verteilen und darum so genau zugeordnet werden können. Ob das auch bei den Mobilfunkanbietern so ist, müsste man durch Versuche herausfinden. Wenn ihr möchtet: Nehmt doch mal euer Mobilgerät, geht auf getpos.de (natürlich bei ausgeschaltetem WLAN-Zugang!) und schreibt in die Kommentare, wie weit die IP-Adresse von der eigentlichen Position weg ist.
In meinem Fall wird Folgendes angezeigt:

Auch mobil genau zu lokalisieren.

Das ist genauer, als ich erwartet hätte. Bei der Internetverbindung via Orange CH könnte man beispielsweise erwarten, dass alle IP-Adressen am Hauptsitz in Lausanne platziert werden. Aber auch hier scheint zumindest eine grobe Verortung nach Region stattzufinden.

Fazit: Es ist eine völlige Illusion zu glauben, man sei als Internetnutzer nicht zu orten. Ob GPS oder nicht: So bald man online geht, verrät man seinen Standort zumindest auf fünfzig oder hundert Kilometer genau – und das war im Internet schon «immer» so. Diese Information ist öffentlich und für jeden zugänglich, der eine Website betreibt. Und jeder, der über seine Website Cookies platziert (was heutzutage fast jede Website tut), kann sagen, dass der Benutzer zum Zeitpunkt der Seitenaufrufe an ein und demselben Ort war – nämlich dem Standort des stationären Rechners. Bei mobilen Geräten, seien es Notebooks oder Mobiltelefone, kann wahrscheinlich ein sehr rudimentäres Profil erstellt werden.

Nun kann man argumentieren, dass es die Genauigkeit ist, die den Ausschlag gibt, und dass die Lokalisierung über die IP-Adresse zu ungenau ist, um Bewegungsprofile mit Aussagekraft zu ermöglichen. Das stimmt sicherlich zu einem gewissen Grad, aber da Menschen normalerweise einen geregelten Tagesablauf haben, reichen die Informationen allemal, um zu beurteilen, ob ein Mensch gerade an seinem Arbeitsplatz ist, zu Hause sitzt, seine Eltern besucht, auf den Malediven Urlaub macht oder irgendwo in der Pampa steckt, weil er nur über die IP-Adresse eines Mobilfunkanbieters kommuniziert.

Mit technischen Mitteln, Proxy-Servern oder VPN-Tunneln, kann man auch falsche Standorte vorspiegeln, aber die nutzen nur Paranoiker oder Leute mit sehr guten Gründen.

Letztlich hängt es von den Zielen ab, die man den Datensammlern unterstellt, ob die Ortung genau genug ist oder nicht. Für ein massgeschneidertes Werbeangebot ist die Ortung auf eine Stadt oder Region bestens geeignet. Für meinen freundlichen Stalker ebenso – denn der kennt die persönlichen Gewohnheiten sehr genau und weiss auch unpräzise Daten zu deuten. Und für meinen Arbeitgeber, den Staat, das FBI, die Steuerbehörde, soziale und andere Ämter, meine Versicherung und «big brother», bzw. alle anderen legitimen oder versteckten Organisationen, die ein Interesse an mir und meinem Aufenthaltsort haben könnten? Ein Arbeitgeber könnte anhand einer IP-Adresse durchaus feststellen, dass der angeblich kranke Arbeitnehmer blau gemacht hat.

Falls er so dumm war, sich vom falschen Rechner im Extranet einzuloggen. Beweiskräftig wäre dieses Faktum wohl nicht, aber schaden würde es dem Ruf allemal. Der Staat und Geheimdienste geben sich mit der Genauigkeit natürlich nicht zufrieden, darum arbeiten die schon längst mit RFID-Dust im Impfserum und implantierten Ortungs-Chips…

One thought on “Apropos Lokalisierbarkeit

  1. Salü Matthias,
    Ich machte den Test mit dem iPhone über das Natelnetz (Swisscom) von Nänikon, ZH, aus und die Internetseite getpos.de verwies mich auf Reinach, AG. Und wieder mit dem iPhone über mein WLAN (Swisscom, ADSL) und das verwies mich auf Lausanne. . ..
    Wenigstens stimmt beides Mal das Land. . ..
    Tschüss.

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